Bio-Milchviehfütterung
Manch jemand vermutet, dass Stoffwechselerkrankungen
vor allem den hoch leistenden Kühen zu schaffen machen.
Die Praxis zeigt aber, dass diese, allen voran Ketosen, auch
in der biologischen Milchviehhaltung und bereits bei relativ
niedrigem Milchleistungsniveau eine große Rolle spielen können.
Fachartikel
Auch sind Zweinutzungsrassen gefährdet, weil sie gegen Ende der Laktation und in der Trockenstehphase bei guter Fütterung leichter zur Verfettung neigen (Folgeprobleme). Die Ansprüche aller Kühe sind identisch, die Probleme grundsätzlich vergleichbar. Aufgrund der mit der EU-Bio-Verordnung sowie den Verbandsvorschriften auferlegten Restriktionen ist es für die LandwirtInnen deutlich anspruchsvoller, eine inallen Produktionsphasen der Milchkuh adäquate Fütterung zu gestalten.
Problemstellung
Die Ketose, auch Acetonämie genannt, ist eine Störung des Energiestoffwechsels, die in der Phase vom Abkalben bis etwa zur 8. Laktationswoche auftreten kann. Verursacht wird sie durch eine zu geringe Futteraufnahme nach der Kalbung, verstärkt wird die Ketose zusätzlich durch eine Überkonditionierung (Verfettung) der Kühe. Die steile Laktationskurve steht der bereits vor der Kalbung reduzierten Futteraufnahme gegenüber. Dadurch kommt es zu Beginn der Laktation zu einer negativen Energiebilanz. In der Phase der energetischen Unterversorgung, während der kritischen Frühlaktation, wäre es sinnvoll, dass die Kuh ihre Milchleistung reduziert, bevor sie erkrankt. Doch aus dem Mutterinstinkt heraus wird die Kuh unter allen Umständen versuchen, die Milchleistung aufrecht zu erhalten, um ihr Kalb ausreichend versorgen zu können. Auf der Suche nach einer zusätzlichen Energiequelle wird das Muttertier nun an seine Körperfettreserven herangehen. Das Depotfett wird eingeschmolzen, dabei entstehen die problematischen Ketonkörper, welche aufgrund des Energiemangels jedoch nicht energetisch verwertet werden können. Die Fettmobilisation sowie die Anreicherung der Ketonkörper führen sowohl zu einer Schädigung der Leber als auch zu einem verstärkten Appetitmangel, der die Trockenmasseaufnahme der Milchkuh weiter beeinträchtigt. Erkennbar ist die Ketose zunächst an lustlosem Fressen der Kuh, später dann auch an Abmagerung bis hin zu einem süßlichen Acetongeruch des Atems, vergleichbar dem von Nagellackentferner.
Einstiegsleistung begrenzen: Unter keinen Umständen darf der Landwirt, die Landwirtin nun aber zum Gegensteuern große oder rasch steigende Mengen an Kraftfutter verabreichen, da es in diesem Fall zu einer massiven Pansenübersäuerung (Acidose) mit fatalen Auswirkungen auf die Tiergesundheit kommen wird. Durch eine eher energiebetonte Fütterung beziehungsweise zurückhaltende Proteinzufuhr lässt sich die Leistung in der Startphase begrenzen. In der Produktionsphase soll die Proteinzufuhr erhöht werden, damit eine gute Persistenz erreicht wird.
Tipp: Im sensiblen Zeitraum rund um die Geburt liegt Potenzial. Wichtige Hebel dazu sind etwa die langsame Umstellung der Ration auf bestes Grundfutter bereits vor der Abkalbung, eine Abkalbung auf weichem, sauberem Strohbett in einer geschützten Umgebung, lauwarmes Wasser sofort nach der Geburt über Kübel anbieten und generell auf ausreichende Wasserversorgung achten.
Weiteren Aufschluss geben die Daten der ersten sowie zweiten Milchkontrolle. Ein Fett-Eiweiß-Quotient (FEQ) größer oder gleich 1,5, das heißt, hoher Fettgehalt bei niedrigem Eiweißgehalt in der Milch, ist ein Hinweis auf eine vorliegende Ketose. Ein wichtiges Hilfsmittel können in den ersten Wochen der Laktation auch Teststreifen für den Nachweis von Ketonkörpern im Harn sein, wie zum Beispiel Ketostix, die per Farbumschlag eine vorliegende Ketose anzeigen, bevor sie offensichtlich wird. Die verlässlichsten Angaben erhält man über handliche Ketose-Messgeräte, mit denen sich Ketonkörper im Blut bestimmen lassen.
Der Fütterung auf Körperkondition unter Zuhilfenahme des BCS (Body Condition Scoring) kommt eine besondere Bedeutung zu. Vor allem zum Ende der Laktation sowie in der Trockenstehzeit dürfen die Kühe nicht zu rund werden.
Fruchtbarkeitsstörungen, Euterprobleme sowie Klauenerkrankungen stellen noch immer die Hauptabgangsursachen für Milchkühe dar. Der in einer Reihe von Studien nachgewiesene Zusammenhang zu Stoffwechselerkrankungen aus dem Zeitraum um die Kalbung herum, belegt, wie wichtig es ist, hier anzusetzen. Dies entspricht dem eigenen Anspruch an die Tierhaltung im Biolandbau und ist auf der anderen Seite auch eine ökonomische Notwendigkeit für die Betriebe.
Bislang waren die BiolandwirtInnen im Vergleich mit ihren konventionell wirtschaftenden Kollegen benachteiligt, wenn es um die Behandlung der an subklinischer Ketose erkrankten Kühe ging, da es keine bio-zertifizierten Diätfuttermittel gegen Ketose gab. Erst nach tierärztlicher Indikation war es möglich, entsprechende Energietränken oder Propylenglykol einzusetzen.
Meist sind nicht die enthaltenen Mineralstoffe (Calcium oder Phosphor) problematisch, sondern andere Zutaten wie Bindemittel. Beispiele für biotaugliche Ergänzungsfuttermittel sind: Gegen Ketose: Ketosan B® von „Dr. Schaette“, gegen Selenmangel: Chevivit E-Selen von Chevita.
Unterlage und Hilfsblatt: Für umfangreichere Infos gibt es ein ÖAG-Merkblatt „Grünlandbasierte Low-Input-Milchviehhaltung“ und das Fibl-Merkblatt „Euter- und Stoffwechselgesundheit bei Biomilchkühen“. Erhältlich in der Landwirtschaftskammer bei Florian Vinzenz unter oder 05574 400 331