Der lange Weg zum zarten Rindfleisch
Regionales Rindfleisch hat seinen Preis, vor allem in Bio-Qualität. Dafür ist der Anspruch natürlich entsprechend hoch, schlussendlich auch ein wohlschmeckendes Stück Fleisch auf dem Teller zu haben. Doch wodurch definiert sich „qualitativ hochwertiges“ Rindfleisch eigentlich?
Fleischqualität
Die Qualität von Fleisch setzt sich grundsätzlich aus drei Komponenten zusammen: dem Genusswert, dem Nährwert und dem Gesundheitswert.
Der Genusswert beschreibt, was wir beim Essen schmecken. Für unsere Definition von Qualität ist der Genusswert die wohl wichtigste Komponente, weil wir diese mit unseren eigenen Sinnen einfach beurteilen können. Die wichtigsten Faktoren dafür sind die Marmorierung, der Wasserverlust und die Zartheit. Hauptverantwortlich dafür sind Rasse, Fütterung und Produktionsform. Mit Produktionsform ist gemeint, ob die Tiere im Laufstall gehalten werden, ob und wie oft sie auf die Weide kommen.
Der Nährwert beschreibt die Zusammensetzung von Fett, Eiweiß und Spurenelementen. Dafür ist die Fütterung maßgeblich. Was den Gesundheitswert betrifft, so ist der Gehalt an wertgebenden Inhaltsstoffen, die Sättigungswirkung, der mikrobiologische Zustand, die Verdaulichkeit, die Frische und eine eventuelle Giftstoffbelastung ausschlaggebend.
Einige dieser Qualitätskriterien können durch die Lagerung zwischen der Schlachtung des Tieres und dem Verzehr des Fleisches beeinflusst werden. Über die „richtige“ Dauer und Art der Lagerung gibt es verschiedene Ansichten. Bei gut marmoriertem Fleisch ist die Fleischreifung jedenfalls ausschlaggebend für dessen Zartheit. Diese ist neben anderen Merkmalen wie Farbe, Geruch, Aussehen und Saftigkeit das wichtigste Merkmal für die Fleischqualität.
Lagerdauer
Grundsätzlich sollte Rindfleisch immer mindestens 2 – 3 Wochen lang gereift werden.
Wie lange es dauert, bis das Fleisch zart ist, hängt unter anderem vom Alter des Tieres ab. Junges Fleisch benötigt weniger Zeit. Je älter das Tier war, desto mehr Quervernetzungen weist das Bindegewebe auf, was das Fleisch kompakter und zäher macht. Deshalb sollte Fleisch von älteren Tieren auch länger gelagert werden.
Fleischreifung
Die Fleischreifung kann in zwei Phasen geteilt werden.
In der ersten Phase verbraucht der Muskel die Energiereserven. Er bildet Milchsäure und der pH-Wert sinkt im Normalfall innerhalb von 48 Stunden nach der Schlachtung auf etwa 5,5. Nach Aufbrauchen der Energiereserven, was beim Rind je nach Alter und Temperatur bis zu 36 Stunden dauern kann, kommt der Körper in die Totenstarre. Zu diesem Zeitpunkt ist das Fleisch fest, zäh und geschmacklos. In der zweiten Phase lösen eiweiß-spaltende Enzyme die Muskelfaserstrukturen auf. Dadurch wird das Fleisch zart, aromatisch, mürbe und leichtverdaulich.
Welche Art der Fleischreifung bevorzugt wird, hängt stark von persönlichen Vorlieben und der praktischen Umsetzbarkeit ab. Die häufigsten und bekanntesten Reifemethoden sind offen im Kühlraum (traditionelle Lagerung), im Vakuumbeutel und Dry Aging.
Traditionelle Lagerung
Bei der traditionellen Lagerung werden Rinderhälften oder andere große Teile offen im Kühlraum gelagert. Die Temperatur hat ca. -1 bis 1°C. Neben der Temperatur sind eine geringe Luftfeuchtigkeit und eine gute Luftbewegung wichtig, um die Ansiedelung von unerwünschten Mikroorganismen zu vermeiden.
Im Vakuumbeutel
Vor dem Verpacken in luftdicht verschlossene Vakuumbeutel wird das Fleisch in seine Teilstücke zerlegt. So lagert es etwa 2-3 Wochen lang. Vorteile sind, dass diese Form der Lagerung wenig Platz benötigt, es entsteht kaum Gewichtsverlust durch Trocknung und das Fleisch ist gut geschützt. Ein Nachteil kann die Milchsäurebildung und somit ein säuerlicher Fleischgeschmack sein.
Dry Aging
Die Trockenlagerung gilt als älteste Form der Fleischlagerung. Hierbei wird das Fleisch, wie bei der traditionellen Lagerung, in großen Stücken gelagert. Kontrollierte Lagerbedingungen sind wichtig. Die Temperatur muss ca. 3°C haben und die Luftfeuchtigkeit sollte bei 80% liegen. So verbleibt das Fleisch ca. 8 Wochen lang, das Fleisch wird mürbe und durch den hohen Wasserverlust erhält es einen intensiven Geschmack. Die lange Lagerzeit und hohe Gewichtsverluste machen diese Form der Fleischreifung allerdings relativ teuer.
Und das heißt…?
Zusammenfassend sei gesagt, dass es nicht „die richtige“ Dauer und Art der Fleischreifung gibt, da viele Faktoren, wie das Alter des Tieres, die Rasse und die Produktionsform ausschlaggebend sind für die Charakteristik des Fleisches. Klar ist jedenfalls, dass qualitativ minderwertiges Fleisch (z.B. durch suboptimale Fütterung oder Haltungsbedingungen) nicht durch Reifung „gut gezaubert“ werden kann. Nur Fleisch, welches von vornherein das Potential zu qualitativer Hochwertigkeit hat, kann durch die Lagerung weiter veredelt werden. Hier lohnt es sich, vor allem auch in der Direktvermarktung, durch ausgezeichnet gelagertes und sofort genussfertiges Fleisch, sich von der Masse abzuheben, Kunden zu binden und dabei für ein ausgezeichnetes Produkt entsprechende Preise zu erzielen.
Quelle: Raumberg Gumpenstein, Jessica Hotz, MSc