Interview mit Bundesobfrau und Biobäuerin Barbara Riegler

Veröffentlicht am 25. August 2025
Biohof Starzhofer, Barbara und Helmut Riegler
© Julia Mühlberger

Infos zur Obfrau

Liebe Barbara, du bist die Bundesobfrau von BIO AUSTRIA und führst gemeinsam mit deinem Mann einen Biohof in Bad Kreuzen in Oberösterreich. Kannst du uns ein bisschen über euren Hof erzählen?

Wir betreiben eine vielfältige Bio-Landwirtschaft mit durchschnittlich 45 Murbodner Rindern im Jahr. Dazu halten wir noch fünf Zuchtsauen mit circa 100 bis 120 Ferkel pro Jahr, die wir direkt vermarkten. Wir füttern den Schweinen das Getreide aus unserem eigenen Kreislauf. Ein paar Schweine werden mit hofeigenem Futter fertig gemästet, die anderen werden als Ferkel verkauft. Dann haben wir noch Wildmasthendl, die wir als Küken bekommen und circa zehn Wochen bei uns am Betrieb mästen, schlachten und direkt vermarkten. Die Eier, die wir am Hof produzieren, werden in unseren selbstgemachten Nudeln weiterverarbeitet. Zusätzlich zu unserem vielfältigen Angebot bauen wir jedes Jahr zwei Hektar Öllein an, der in unserer hofeigenen Ölpresse verarbeitet und als Leinöl verkauft wird. Wir versuchen, in einem Kreislauf zu wirtschaften und mit dem zu leben, was der Hof uns bietet.

Was ist deine Rolle am Hof?

Bei uns am Hof leben wir ganz stark das Gleichberechtigungsprinzip. Einige Aufgaben sind bei uns zwar schon relativ klar aufgeteilt, vieles machen wir jedoch gemeinsam. Wichtig ist uns dabei, dass jede:r das macht, was er oder sie am besten kann und am meisten mag: für die Feld- und Traktorarbeit zum Beispiel bin ich definitiv nicht zuständig – da streiten sich mein Mann und mein Sohn schon fast drum (lacht), aber der Garten, der Folientunnel mit der Gemüseproduktion, das ist komplett meines. In der Direktvermarktung arbeiten wir auch sehr gleichberechtigt. Ich würde sagen, wir leben das recht gut, wie man sich das heute vorstellt, mit effizienter Aufgabenverteilung. Ganz wichtig ist uns, dass jeder am Hof von allem Bescheid weiß, dass jeder alles zumindest zu einem guten Teil kann. Wenn jemand ausfällt, oder bei Arbeitsspitzen im Sommer, wo mein Mann zum Beispiel intensiv in der Feldarbeit tätig ist, übernehme ich seine restlichen Tätigkeiten, dann fülle ich beispielsweise das Leinöl ab. Unser Hof ist ein echtes Teamprojekt, bei dem jede:r seinen Teil beiträgt und wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen

Geschlossene Hofkreisläufe

Gibt es etwas, wo du sagst, das macht euren Biohof besonders? Ihr seid ja auch Schau zum Biohof-Betrieb.

Also was unseren Betrieb besonders macht, ist, dass wir sehr bemüht sind, einen möglichst hohen Anteil unserer Produkte direkt zu vermarkten und in einem geschlossenen Kreislauf zu wirtschaften. Wir veredeln die eigenen Rohstoffe am Hof, wir bauen zum Beispiel selbst den Lein an und pressen das Öl am Hof. Beim Schweinefleisch lebt die Muttersau bei uns am Hof und wir müssen keine Ferkel zukaufen. Uns ist es wichtig, dass wir die gesamte Wertschöpfungskette – vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt – so gut es geht, selbst in der Hand haben und das natürlich auch den Konsumentinnen und Konsumenten so herzeigen können. Das ist das, was uns ausmacht und uns Freude bereitet – dass wir alle Schritte bei uns haben.

Biodiversität

Das Jahresschwerpunktthema von BIO AUSTRIA ist Biodiversität: Warum ist die Biodiversität für dich wichtig und warum gehört sie für dich zur Bio-Landwirtschaft dazu?

Die Biolandwirtschaft lebt vom Gedanken der Kreislaufwirtschaft. Die natürlichen Prozesse sollten erhalten und es soll möglichst wenig von außen eingegriffen werden. Das ist ganz bedeutend für mich. Biodiversität ist für uns alle wichtig, denn sie ist notwendig für ein intaktes Ökosystem. Eine schonende Bewirtschaftungsweise, wie es in der biologischen Landwirtschaft üblich ist, kann nicht ohne die Förderung der Biodiversität auf unseren Wiesen und Äckern einhergehen. Eine hohe Biodiversität hält das Trinkwasser sauber, fördert die Fruchtbarkeit und Gesundheit unserer Böden und unterstützt die wertvollen Nützlinge wie Bienen, Marienkäfer usw. Da auch die Ertragsleistung am Betrieb besser ist, wenn die Bestäuber unterstützt werden und dieses biologische Gleichgewicht vorhanden ist, hat das nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile. Und darum ist es ganz wichtig, dass man darauf achtet.

Welche Leistungen erbringt ihr auf eurem Betrieb zur Förderung der Biodiversität? Also was wird bei euch schon umgesetzt?

Biohöfe machen per se schon sehr viel für die Biodiversität, die man oft gar nicht so im Blick hat. Was im Mühlviertel bei mir daheim ganz besonders ist und wo wir auch viel davon haben, das sind Hecken und Waldränder als Rückzugsgebiete. Wir sind eher kleinstrukturiert und im benachteiligten Gebiet daheim, dadurch ergeben sich sowieso schon verschiedene, ich würde sagen, „Minihabitate“. Wir probieren einfach das, was die Natur uns bietet, zu erhalten. Zum Beispiel bewirtschaften wir den Acker nicht ganz bis zum Wald, sondern lassen den Waldrand frei. Durch die Untergehölze oder die Nassstellen bilden sich dort diese besonderen natürlichen Biotope, die vielen Käfern und Insekten als wertvolle Lebensräume dienen und unbedingt erhalten werden sollten.

Wie profitiert ihr als Biohof von der Förderung der Biodiversität?

Was jedem und jeder augenscheinlich auffällt, das sind die vielen Schmetterlinge, die herumflattern und wirklich bewusst auf die Vielfalt aufmerksam machen. Wenn man eine gute Fruchtfolge mit langen Abständen zwischen den Kulturen pflegt, kann man sehen, wie sich die natürlichen Prozesse auf natürliche Weise positiv entfalten. Das sehen wir zum Beispiel beim Lein. Der Lein hat Wurzelausscheidungen, die viele Beikräuter unterdrücken können. Wenn wir irgendwo ein Problem haben mit Disteln oder sonst irgendwas, nutzen wir den Lein, mit seinen wertvollen Wurzelausscheidungen, zur Beikrautregulierung und um gleichzeitig die Bodenstruktur zu verbessern. Wenn man diese natürlichen Prozesse nutzt, dann ist es sehr hilfreich und spart tatsächlich Arbeit und bietet wie gesagt, nicht nur einen ökologischen, sondern auch einen ökonomischen Effekt.

Die BIO AUSTRIA Bäuerinnen und Bauern dokumentieren ihre Biodiversitätsleistungen im Biodiversitätsrechner. Welche Vorteile hat der Rechner für euch als Betrieb? Welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht?

Unsere Erfahrung ist, dass wir am Betrieb schon so viele biodiversitätsfördernde Leistungen erbringen, dass es uns überhaupt nicht schwergefallen ist, den Rechner auszufüllen und viele Biodiversitätspunkte zu erreichen. Tatsächlich ist es für eine Biobäuerin oder einen Biobauern, die/der gut sorgsam lebt und schon ein bisschen auf Biodiversität achtet, gar keine Hexerei. Beim Ausfüllen des Rechners unterstützen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von BIO AUSTRIA sehr gerne. Ich finde, es ist spannend, achtsam wahrzunehmen, was man am Betrieb bereits an Biodiversitätsleistungen erbringt. Es ist ein gutes Gefühl, zu sehen und abgebildet zu haben, „wo man schon fleißig ist“, gleichzeitig erkennt man auch das Potenzial für weitere mögliche Maßnahmen. Es ist ein bisschen wie ein Schulterklopfen, wo man bewusst die eigenen Leistungen wahrnimmt. Viele denken da gar nicht so dran, dass die Biodiversität auf unseren Bio-Wiesen und Äckern einen besonderen Wert hat und damit auch schützenswert ist – das nimmt man vielleicht durch den Rechner stärker wahr. Der Rechner macht die Leistungen, die bereits erbracht werden, sichtbar und zeigt gleichzeitig auf, wo man eventuell noch nachschärfen könnte, um noch besser zu werden.

Vielen Dank liebe Barbara, gibt es abschließend noch etwas, das du den Leserinnen und Lesern gerne mitgeben möchtest?

Für mich ist Bio, als Gesamtsystem mit all seinen ökologischen Leistungen, die wir erbringen, ein tolles System. Ob das der Artenschutz ist, der Gewässerschutz ist, der Schutz von Bestäubern … mit der Bio-Landwirtschaft achten wir auf unser aller Ressourcen. Das hat so einen besonderen Wert, dass wir jeder Biobäuerin und jedem Biobauern ständig auf die Schulter klopfen könnten und sagen müssten: „Danke schön, dass du das machst!“

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