Marktgärtnerei: Wissen aus der Praxis ist wichtig!

©Slow Food Österreich/Maria Hohla

Ulli und Scott Klein betreiben einen Marktgarten-Betrieb in der Steiermark. Mit dieser Betriebsform waren sie vor gut zehn Jahren noch Pioniere. Der Hof ist inzwischen ein Paradebeispiel für vielfältige Landwirtschaft auf relativ kleiner Fläche.

„Kleine Farm“ nennen Ulli und Scott Klein ihre Marktgärtnerei in Flamberg, 30 km südlich von Graz. Ulli ist Juristin und Scott Sozialpädagoge. Erst eine Ausbildung in Kalifornien führte zum Einstieg in die Landwirtschaft. In einem dualen Studium an der Universität in Kalifornien haben sie sich neben der Theorie das Praxiswissen im Marktgarten der Universität angeeignet. Mit der Rückkehr nach Österreich war für sie klar: Ein Marktgarten soll hier gegründet werden.

Suche nach einem Hof

Das war anfangs etwas herausfordernd. Grund dafür war das System Marktgarten. In den USA wurde auf kleinster Fläche eine möglichst große Vielfalt an Gemüse angebaut. In Österreich hingegen war das System noch wenig bekannt. Andere Gemüsebauern und viele Beraterinnen und Berater waren sich sicher, dass man nur mit entsprechender Fläche und ganzjährigem Gemüseangebot erfolgreich sein kann. Trotzdem suchten die beiden nach einem entsprechendem Hof.

Im Jahr 2011 war es dann soweit, die zehn Hektar große Landwirtschaft in Flamberg wurde von den beiden erworben und die konventionell bewirtschaftete Ackerfläche (1,8 Hektar) wurde über die nächsten Jahre in einen biologisch bewirtschafteten, vielfältigen Marktgarten umgewandelt. Der Anbau und Erhalt von samenfesten Sorten waren die Basis für den Anbau, der Marktgarten sollte daher von Anfang an als gemeinschaftsgetragene Landwirtschaft geführt werden (Gelawi). Angefangen wurde mit einem Pilotprojekt mit 15 Ernteteilerinnen und Ernteteiler, in kürzester Zeit waren es 120, was bis heute beständig ist.

Vielfalt an Kulturen

Für die Gelawi werden derzeit rund 300 verschiedene Sorten Gemüse am Acker oder in den Foliengewächshäusern angebaut. Etwa 100 davon werden selbst weiter vermehrt. Alle Pflanzen werden selbst gezogen und im Frühjahr daher auch Jungpflanzen vermarktet. Zudem gibt es Schafe und Bienen am Betrieb. Es werden auch Bio-Schnittblumen angebaut, die wöchentlich mitbestellt werden können. Die 120 Ernteteiler erfreut diese Buntheit, sie wissen das Angebot zu schätzen.

Klassisch für Marktgärten sind 80 cm breite Dauerbeete, in denen die Kulturen reihenweise in engen Pflanzabständen Platz finden. Aufgrund des Klimas und der Lage des Hofes musste eine Änderung zu dieser Methode her. Grund waren zu große Verpilzungen durch die zu engen Pflanzabstände. Daher haben sich die Betriebsleiter entschieden, die Beete etwas schmäler zu machen und zu häufeln. In den gehäufelten Beeten werden jetzt größere Pflanzabstände gewählt.

Die Erntesaison beziehungsweise Auslieferungssaison dauert 33 Wochen, das Gemüse wird aufgeteilt und einmal die Woche an Abholstationen geliefert. Überschüsse nimmt das benachbarte Restaurant ab. „Ein bis zwei Restaurants sind die perfekte Ergänzung zu einer Gelawi. Dadurch bleibt nahezu gar nichts übrig“, so der Tipp von Ulli Klein.

Trotz der großen Vielfalt werden gewisse Kulturen am Hof nicht kultiviert. Da sich Ulli und Scott dazu entschieden haben, nur 33 Wochen im Jahr Gemüse zu verteilen, wird etwa Wintergemüse nur für die Selbstversorgung angebaut. Die Zugpferde am Hof sind die verschiedenen Fruchtgemüsekulturen, besonders über 60 Sorten bunte Paradeiser, die im Rahmen der Bauernparadeisergruppe auch züchterisch bearbeitet werden.

Was es braucht

Um den Betrieb in diesem Ausmaß aufrecht zu erhalten, braucht es einige Ressourcen, die nicht unterschätzt werden sollten. Denn mittlerweile arbeiten während der Saison neben Ulli und Scott noch zwei weitere Gärtner und zwei bis drei Auszubildende am Hof. Zudem müssen laufende Kosten sowie Neuinvestitionen abgedeckt werden. Zum Beispiel werden jährlich 80 Tonnen Kompost benötigt. Heuer wurde ein neuer Kühlraum errichtet und in Zukunft soll die Jungpflanzenanzucht vergrößert werden. Förderung gibt es aufgrund der Flächenförderung für Marktgärten kaum. Ulli Klein meint dazu: „Wünschenswert wäre eine Unterstützung bei den Lohnkosten, denn Marktgärten schaffen gute Arbeitsplätze und erhalten auch die kleinstrukturierte Landwirtschaft.“

Neben einer guten Kalkulation ist die Vorbereitung auf die Saison ein entscheidender Punkt eines erfolgreichen Marktgartens. Eine detaillierte Anbauplanung ist unerlässlich. „Wichtige Entscheidungen werden in der Winterpause getroffen. Während der Saison werden nur mehr Kleinigkeiten bei der Anbauplanung geändert. Dabei ist die Digitalisierung unfassbar wichtig und eines der ausschlaggebenden Werkzeuge in der modernen Marktgärtnerei. Excel hat sich als sehr hilfreich erwiesen. Zudem gibt es mittlerweile ein tolles digitales Anbauplanungstool, den Gemüseanbauplaner“, betont die Biobäuerin.

Es braucht eine gewisse Zeit, bis ein Betrieb so gut funktioniert. Etwas Geduld muss hier schon mitgebracht werden. Mit dem heutigen Wissen und der unfassbar guten Vernetzung der Marktgarten-Szene würde Ulli heute nicht mehr so einen großen Betrieb für ein Marktgartenprojekt anstreben. Wenig tausend Quadratmeter reichen aus, um erfolgreich zu sein, so Ulli Klein.

Klein und effektiv

Der Einstieg in die Marktgärtnerei kann also durchaus lukrativ sein und als ein erfolgreiches Betriebskonzept gesehen werden. Dennoch muss man sich vor Augen halten, dass es gewisse Voraussetzungen braucht. Klare Ziele, sehr viel Praxiswissen, gute Planung und auch eine finanzielle Grundlage sollte beim Gründen eines Marktgartens berücksichtigt werden. Ulli klein hat auch Tipps für Neueinsteiger: „

Nicht in zu großen Flächen denken, lieber klein bleiben und effektiver wirtschaften. Bei der Neugründung sollte das Handwerk sitzen. Lieber noch ein Praktikum mehr, Bücher, Kurse und Gespräche sind hilfreich, ersetzen jedoch nicht die Praxis.“

Autor: Bernhard Haller, Bio Ernte Steiermark

Weitere Informationen: www.kleinefarm.org