„Bio kann Österreich ernähren“: Rege Teilnahme an der Podiumsdiskussion

Tag der Biolandwirtschaft 2018
© BIO AUSTRIA Niederösterreich und Wien

BIO AUSTRIA Niederösterreich und Wien lud am Tag der Biolandwirtschaft Expert/innen und Interessierte nach St. Pölten

Kurz vor Beginn der Veranstaltung ist der Vortragsraum des St. Pöltner Szene Lokals Vinzent Pauli noch ziemlich leer, doch das soll sich schnell ändern:

Als der Kurzfilm „Wahre Helden“ den Beginn der Diskussion einläutet, sind bereits alle Sitzplätze vergeben, auf den Bänken am Rand des Raumes sitzen dicht gedrängt Spätankömmlinge und wer jetzt noch kommt, muss sich mit einem Stehplatz im hinteren Teil des Raumes zufriedengeben. Weitere 160 Personen verfolgen die Diskussion via Facebook Livestream.

©BIO AUSTRIA Niederösterreich und Wien

Grund für das rege Interesse an der von BIO Niederösterreich und Wien veranstalteten Diskussion ist auch die hochkarätig besetzte Runde der Diskutanten:
Auf dem Podium sitzen Gastgeber Otto Gasselich (Obmann BIO AUSTRIA Niederösterreich und Wien), Gerhard Zoubek (Gründer Adamah Biohof), Mag. Martina Hörmer (Geschäftsführerin Ja! Natürlich Naturprodukte GmbH), Assoc. Prof. Dr. Johann Zaller (Professor an der Universität für Bodenkultur, Buchautor „Unser täglich Gift“), Mag. Martin Schlatzer (Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität für Bodenkultur, Studienautor „100 % Biolandbau in Österreich. Machbarkeit und Auswirkungen“) und Johannes Gutmann (Eigentümer und Geschäftsführer Sonnentor Kräuterhandels GmbH).

Sie sollen anlässlich des Tages der Biolandwirtschaft beantworten, wie Studienautor Martin Schlatzers These Realität werden kann. Diese besagt, dass Österreich zu 100% durch biologische Landwirtschaft ernährt werden könnte.
Schlatzer erklärt: „Österreich kann durch biologische Landwirtschaft ernährt werden, wenn wir unseren Fleischkonsum um 10% und die vermeidbaren Lebensmittelabfälle um 25% reduzieren“.

Sind Bio-Lebensmittel denn überhaupt leistbar?

Für Moderator Mark Perry, bekannt als Umweltredakteur der Kronenzeitung, ein Grund, bei Martina Hörmer, Geschäftsführerin Ja! Natürlich Naturprodukte GmbH, nachzuhaken: „Sind Bio-Lebensmittel denn überhaupt leistbar?“
„Die Frage des Sich-leisten-Könnens ist immer eine Frage, was ich mir wert bin“, so Hörmer: „Was wir essen, sollte uns etwas wert sein, weil die Qualität des Essens einen entscheidenden Einfluss auf unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unser ganzes Leben hat.“

Dem pflichtet Johann Zaller, Autor des Buches „Unser täglich Gift“, bei: „Wir werden nicht gleich an einem konventionell hergestellten Lebensmittel sterben, aber das
Problem ist, dass wir schleichend vergiftet werden. Wir werden in unserem gesamten Alltag immer wieder mit Pestiziden konfrontiert, ob während der Arbeit als Landwirt oder jeder von uns über unser Essen. Die Landwirte haben oft selber Bauchweh damit, aber die sind in einem Hamsterrad drinnen, da geht alles Richtung Erträge, Richtung Gewinnmaximierung.“

„Was wir brauchen, ist Preiswahrheit. Nicht die biologischen Lebensmittel sind zu teuer, sondern die konventionell-industriell hergestellten sind zu billig“, schaltet sich Gerhard Zoubek, Gründer des Adamah Biohof ein: „Preiswahrheit hat etwas zu tun mit externen Kosten, die Regierung wäre aufgefordert, Produktionsmaßnahmen, die die Umwelt missbrauchen, zu besteuern.“

Wie können Bio-Lebensmittel noch besser in die Gastronomie integriert werden?

Doch nicht nur das Podium kommt zu Wort, auch zahlreiche Meldungen aus dem Publikum werden berücksichtigt. Neben Beiträgen von bekannten Ehrengästen wie Mag. Barbara Köcher-Schulz (Produktmanagerin Bio bei der AMA), Dagmar Gordon (Leiterin Pestizid-Reduktions-Programm bei Global 2000), Amrita Enzinger (Umweltmanagerin und Politikerin bei den Grünen), Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Rainer Haas (BOKU – Institut für Marketing & Innovation), Mag. rer. nat. Andreas Kranzler (Geschäftsführer FIBL – Forschungsinstitut für biologischen Landbau) und Bundesrat Martin Preineder, der in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner Grußworte zum Tag der Biolandwirtschaft übermittelt, freuen sich die Veranstalter auch über Fragen und Anregungen aus dem Saal. Ein Herr möchte zum Beispiel wissen, was man tun kann, um Bio noch mehr in die Gastronomie zu bringen.

Johannes Gutmann, Eigentümer und Geschäftsführer Sonnentor Kräuterhandels GmbH, plädiert für mehr Mut: „Ich habe ein Bio-Gasthaus im Waldviertel, auch mir hat man gesagt: „Es war vorher keiner da und es wird auch keiner kommen, wenn du aufsperrst.“ Wenn wir alle so agieren, entwickelt sich auch nichts. Es geht immer um die Pioniere. Zuerst wirst du belacht, dann wirst du bedacht und dann – nach zehn Jahren (lacht) – wirst du nachgemacht.“ Die Konsumentinnen und Konsumenten müssten Bio-Lebensmittel aber auch aktiv nachfragen, um den Bedarf sichtbar zu machen.

BIO AUSTRIA Niederösterreich und Wien Obmann Otto Gasselich ruft die Biobäuerinnen und Biobauern zur Verantwortung: „Auch wir selbst müssen zu unseren Produkten stehen und sie aktiv nachfragen, das gilt sowohl für die Gastronomie als auch für Vereine und ähnliches.“ Damit allein sei es aber nicht getan: „Die Politik ist gefordert, rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, dass die Verwendung von Bio-Lebensmitteln in Österreich zur Selbstverständlichkeit wird!“

Im Anschluss an die Diskussion dankt Gasselich Moderator Mark Perry für seinen jahrelangen Einsatz für die Biolandwirtschaft.

Die Diskussion ist weiterhin auf unserer Facebook-Seite abrufbar.