Direktvermarktung: Die Kosten im Auge behalten
Professionelle bäuerliche Direktvermarktung ist immer mit Investitionen verbunden. Daher ist vor einem Einstieg in den Betriebszweig, bei Einführung neuer Produkte und Vertriebswege sowie für bestehende Betriebe als Kontrolle zwischendurch die Wirtschaftlichkeit zu überprüfen.
Den Verkaufspreis berechnen
Der „richtige Preis“ entscheidet langfristig, ob der Betriebszweig gewinnbringend ist und eng damit verbunden auch der Gesamtbetrieb erfolgreich geführt wird und Bestand für die Zukunft hat. Der Produktpreis spielt hier eine zentrale Rolle, muss dieser doch variable und fixe Kosten abdecken und eine zufriedenstellende Arbeitsentlohnung erzielen. Bei Produktpreiskalkulationen soll dieser mit mindestens 15 Euro angesetzt werden.
Als zusätzliche Einflussfaktoren, die bei der Preisgestaltung zu beachten sind, sind zu nennen:
- Besondere Produkteigenschaften und Herstellungsverfahren
- Nachfrage und Angebot – saisonales und regionales Angebot
- Mitbewerber und Trendprodukte
Speziell bei einem Neueinstieg empfiehlt sich, mit einer kleineren Produktpalette zu starten, um Produktion, Marketing und Vertrieb gut zu beherrschen, bevor überlegt wird, welche Produkt- und Vertriebswegeerweiterung sinnvoll ist und sich auch rechnet. Eine Vertiefung der Produktpalette, zum Beispiel das Angebot weiterer Fruchtjoghurts zu den bestehenden Joghurtsorten ist leichter, als die Ausweitung auf eine neue Produktpalette wie zum Beispiel Brot und Gebäck. Hier sind vorab Kosten, Zeitaufwand sowie Fachwissen zu hinterfragen und ob diese Produkte zu meinem Betrieb passen! Denn bei bäuerlicher Direktvermarktung müssen die Rohstoffe (Urprodukte) überwiegend aus dem eigenen Betrieb stammen.
Weiters sind Beiträge an die Sozialversicherung für die Be- und Verarbeitung im Verkaufspreis einzurechnen. Derzeit beträgt dieser 25,7 Prozent der Beitragsgrundlage. Die Auslagerung einzelner Arbeitsschritte wie zum Beispiel eine Lohnschlachtung ist aus Kostengründen oft sinnvoll und sollte genauso überlegt werden, bevor große Investitionen getätigt werden.
Vertriebswege optimieren
Der Zeitfaktor, sich neben der Produktion auch um den direkten Verkauf zu kümmern, ist ausschlaggebend, welcher Vertriebswegemix gewählt wird. Das Pro und Contra eines jeden Vertriebsweges muss abgewogen werden. Diese reichen von der „Persönlichkeit“ des Produzenten bis hin zum Produkt selbst und ob dafür eventuell eine Gewerbeberechtigung erforderlich ist.
Der Klassiker bleibt mit knapp 80 Prozent der Ab-Hof-Verkauf. Kontaktloses Einkaufen und das rund um die Uhr boomt in Form von Automaten und Selbstbedienungsläden sowie den Verkauf übers Internet. Kooperationen mit anderen Direktvermarktern oder Gewerbebetrieben sind ergänzend zu überlegen, da diese meistens Zeit und Kosten sparen können. Auch ist eine breitere Produktpalette für Konsumenten attraktiver.
Kosten richtig kalkulieren
Ich rate unbedingt dazu, sich alle Schritte einer Verarbeitung gut zu überlegen und zu planen, um sich bei den Kosten nicht zu verzetteln. Und damit meine ich auch die Arbeitszeit.
Autorin: Ing. Gabriela Stein war bis Juni 2020 Referentin für Direktvermarktung in der LK OÖ. Der Beitrag erschien in der BIO AUSTRIA Zeitung, Ausgabe 2/2022 zum Schwerpunktthema „Bäuerliche Verarbeitung“.