Going Artenreich – Wo Artenvielfalt zu Hause ist

Veröffentlicht am 10. Juni 2025

Mitten in der beeindruckenden Kulisse des Wilden Kaisers liegt der Naturschutzhof Going Artenreich. Hier haben sich Maria Schmidt und Harald Stoiber einer besonderen Aufgabe verschrieben: Als kleiner Betrieb möchten sie sich bewusst differenzieren und möglichst viele Menschen für den Erhalt und die Förderung der Biodiversität begeistern. Ihr Ziel ist es, nicht landwirtschaftliche Erzeugnisse zu produzieren, sondern einen lebendigen, vielfältigen Lebensraum für Insekten, Vögel, Amphibien und Pflanzen zu schaffen. Denn ihr Gewinn ist die Artenvielfalt.

Ein Hof voller Leben

Ursprünglich ein traditioneller Bauernhof, wurde das Anwesen 2014 von Maria und Harald übernommen. Die intensive Bewirtschaftung der zuvor verpachteten Flächen hatte zu nährstoffreichen Böden und einem Rückgang der Artenvielfalt geführt. Doch das Paar entschied sich für einen anderen Weg: Statt eintöniger Äcker und intensiver Tierhaltung entstand ein lebendiges Ökosystem mit blühenden Wiesen, Naturhecken, einem Teich und einer Streuobstwiese. Heute ist der Hof ein wahres Paradies für Schmetterlinge, Wildbienen, Eidechsen und viele andere Tiere und Pflanzen.

Schritt für Schritt zur natürlichen Vielfalt

Die Renaturierung des Hofes erfolgt durch kontinuierliche Naturschutzprojekte:

• Wildhecken für Vögel und Insekten: Mit der Anpflanzung von 1.150 heimischen Sträuchern und Laubbäumen wurde ein wichtiger Lebensraum für Vögel, Insekten und andere Tiere geschaffen. Die Hecken dienen als Nistplätze, Nahrungsquelle und Schutzraum während der Mahd. Besonders profitieren heckenbrütende Vogelarten wie die Goldammer, der Neuntöter und die Dorngrasmücke. Auch Wildbienen finden in den zahlreichen Blüten der Gehölze eine wertvolle Nahrungsquelle.
• Vielfalt auf den Wiesen: Die ehemaligen überdüngten Flächen wurden auf natürliche Weise regeneriert. Mit der Unterstützung von Expert:innen gelang es, eine 3.200 m² große Blütenmeer zu etablieren, die zahlreichen seltenen Pflanzen und Insekten eine Heimat bietet. Hier wachsen nun wieder Glockenblumen, Wiesen-Salbei und Beinwell. Auch Schmetterlinge wie der Schwalbenschwanz und die Hauhechel-Bläulinge haben sich angesiedelt und tragen zur Bestäubung der Pflanzen bei.
• Ein Naturteich als neuer Lebensraum: Da stehende Gewässer in der Umgebung fehlen, wurde ein 120 m² großer Landschaftsteich angelegt. Er bietet Amphibien, Reptilien und Insekten einen wertvollen Lebensraum und sichert unter anderem den Bestand von Erdkröten und Grasfröschen. Libellenarten wie die Blaugrüne Mosaikjungfer und die Feuerlibelle nutzen den Teich zur Eiablage, während Wasservögel wie die Stockente regelmäßig zu Besuch kommen.

• Trockensteinmauer als Rückzugsort: Dank des Preisgelds des Grand Prix der Biodiversität konnte eine 10 m³ große Trockensteinmauer errichtet werden. Diese dient Vögeln, Insekten und Amphibien als geschützter Lebensraum. Insbesondere Zauneidechsen, Wildbienen und Laufkäfer finden in den Hohlräumen Unterschlupf. Moose, Flechten und Farne besiedeln nach und nach die Steine und tragen zur ökologischen Vielfalt bei.
• Insektenschonendes Mähen: Konventionelle Mahd führt zu einem Verlust von bis zu 80 % der Insektenpopulation. Durch den Einsatz eines handbetriebenen Balkenmähers, eine Mahdhöhe von 10 cm und eine angepasste Mähorganisation konnte der Verlust auf nur 20 % reduziert werden. Neben Insekten profitieren auch Kleintiere wie Mäuse, Frösche und Igel von dieser schonenden Bewirtschaftung. So bleibt das Ökosystem stabil und vielfältig.
• Obst- und Gemüsegarten: Auf 1.500 m² werden alte Obstsorten, Beerensträucher und verschiedene Gemüsesorten kultiviert – natürlich ohne Pestizide oder Kunstdünger. Die Pflanzen erhalten ausschließlich natürlichen Dünger von den am Hof lebenden Hühnern, Schafen und Wachteln. Der Gemüseanbau erfolgt in Mischkultur, wodurch Schädlinge auf natürliche Weise reguliert werden. 2024 wurde der Obstgarten um eine wildbienenfreundliche Streuobstwiese mit 15 verschiedenen Sorten Zwetschke, Apfel und Birne erweitert. Das Projekt wurde von Blühendes Österreich finanziert und mit einem Blühsaum, einem Sandarium und einem Wildbienenmonitoring ausgestattet.

Ein Hof zum Erleben und Lernen

Going Artenreich lädt Besucher:innen ein, sich selbst ein Bild von der Vielfalt der Natur zu machen. Die Gäste des nachhaltig eingerichteten Ferienhofs können nicht nur die Schönheit der Landschaft genießen, sondern auch wertvolles Wissen über naturnahe Bewirtschaftung, Blühwiesen und Naturschutzmaßnahmen mitnehmen. Darüber hinaus werden nicht nur für Urlaubsgäste, sondern auch für alle Interessierten Betriebsbesichtigungen und Workshops angeboten, die einen tiefen Einblick in die nachhaltigen Praktiken und Projekte vor Ort gewähren. Maria und Harald möchten so Inspiration bieten, damit Menschen auch in ihrem eigenen Umfeld einen Beitrag zur Biodiversität leisten.

Mit kreativen Projekten und einem nachhaltigen Bewirtschaftungskonzept wurde ein lebendiger Lebensraum geschaffen, der nicht nur Schmetterlinge, Vögel und Wildbienen begeistert, sondern auch Menschen inspiriert. Ein Hof, der nicht für den maximalen Ertrag arbeitet – sondern für die Zukunft der Natur.

Infobox: Auszeichnungen (Auswahl):

• Greenspiration Award für das Projekt „Insektenschonendes Mähen“
• Umwelt- und Energiepreis der LK Tirol 2023
• Umwelt und Klimapreis des Landes Tirol – 2. Platz für das Projekt „insektenschonendes Mähen“
• Grand Prix der Biodiversität für die Trockensteinmauer
• Beeraiffeisen Award für den Schutz und Erhalt natürlicher Lebensräume