BIO AUSTRIA Bäuerinnenreise 2019 nach Spanien & Portugal
Reisebericht von Biobäuerin Sandra Kuhn aus Marchegg
Nur noch einmal schlafen …
Nach dem stressigen Osterwochenende freute ich mich schon sehr auf ein paar Tage Sonne in Spanien und Portugal, Interessantes zu sehen und zu erleben und vielleicht auch etwas Neues zu lernen. Ganz zeitig in der Früh ging es los Richtung Flughafen. Ich war sehr aufgeregt. In Spanien angekommen, fuhren wir gleich zu einer Bio-Kooperative im Tal von Guadalhorce in der Nähe von Málaga, die Gemüse und tropische Früchte produziert. Ein süßlicher Duft lag in der Luft. Die einzelnen Betriebe sind dort nicht größer als fünf Hektar und werden ausschließlich von Familienmitgliedern bewirtschaftet. In Spanien gibt es nur eine Handvoll Betriebe mit mehr als 80 Hektar. Mittlerweile wirtschaften 15.000 Betriebe biologisch. 80-90 Prozent der Bio-Produkte werden exportiert, da das Interesse der spanischen Konsumentinnen und Konsumenten an Bio bislang noch eher bescheiden ist. Lieber greift man zu günstigerem Gemüse und Obst.
Avocados, Mangos und Papayas
Aufgrund der klimatischen Verhältnisse gedeihen an der Südküste subtropische Früchte wie Avocados, Mangos und Papayas besonders gut. Die Nachfrage nach Avocados ist in den letzten Jahren stark gestiegen, der Anbau wurde daher ausgeweitet. Avocados wachsen rasch, benötigen aber sehr viel Wasser, das in der Region knapp ist: 170 Liter pro Tag pro Pflanze. Tröpfchenbewässerungen sind weit verbreitet. Um Staunässe zu vermeiden, werden Avocado-Sträucher auf Dämmen gepflanzt. Interessanterweise unterscheiden sich die Erzeugerpreise für biologische und konventionelle Avocados kaum.
Keine Pause für den Boden
Damit die Familien von der Landwirtschaft leben können, wird das ganze Jahr durchgehend Gemüse gepflanzt und geerntet. Im Frühjahr Paradeiser, im Sommer Gurken, im Herbst/Winter wieder Paradeiser. Mit Pferdemist und Gülle wird gedüngt. Dem Boden wird keine Pause gegönnt. Ob dies auf lange Zeit gut ist für den Boden?
Am nächsten Tag fuhren wir nach Gibraltar, das sehr dicht besiedelt ist und zu Großbritannien gehört. Der Ausblick vom Europa Point war atemberaubend! Das nur 24 Kilometer entfernte marokkanische Atlasgebirge war sehr gut zu sehen. Und die Berber-Affen auf den Felsen begrüßten uns sehr freundlich.
Olivenöl und Iberico-Schinken
Ein weiterer Programmpunkt war die Bio-Olivenölpresse „Hacienda Guzmán“ in der Nähe von Sevilla. Der Gutshof mit seinen typisch andalusischen Innenhöfen war liebevoll gestaltet, die verschiedenfärbige Bougainvillea wunderschön. Die Hacienda mit 150 verschiedenen Sorten von Olivenbäumen beherbergt das größte Olivenmuseum der Welt. Zum Abschluss durften wir vier der besten Olivenöle verkosten, die unterschiedlicher nicht sein konnten.
Am nächsten Tag konnten wir die andalusische Hauptstadt Sevilla in all ihren Facetten kennenlernen. Der wunderschöne Plaza de Espana, Real Alcazar de Sevilla, das ehemalige jüdische Viertel und die Kathedrale mit dem Glockenturm Giralda blieben mir in Erinnerung. Besonders beeindruckten mich die vielen Orangenbaum-Alleen und der Duft der Orangen. Ein weiteres Highlight war für mich der Besuch einer Flamenco-Show.
Bei einem Bio-Schinkenbetrieb in Huelva können sich die iberischen Schweine auf einem 300 Hektar-Areal mit saftig grünen Wiesen und vielen Stein- und Korkeichen frei bewegen. Die Schweinepest ist zum Glück noch nicht nach Spanien vorgedrungen, vorsorglich werden jedoch am Betrieb immer wieder Untersuchungen durchgeführt. Wenn die Stein- und Korkeichen ihre Früchte verlieren, werden die Tiere geschlachtet. Denn die Schweine fressen die Früchte und das Aroma geht in das Fleisch über. Der Schinken wird ein Jahr in eine Salzkruste gegeben und danach für weitere drei bis vier Jahre zum Lufttrocknen aufgehängt. Mir persönlich schmeckte der Schinken zu intensiv, er ist mit unserem Speck nicht vergleichbar.
Portugal, wir kommen.
In Portugal besuchten wir ein Bio-Agriturismo („Urlaub am Bio-Bauernhof“), das Mandeln, Oliven, Feigen und diverse Kräuter produziert. Die Betriebsphilosophie gefiel mir sehr gut: „Respekt gegenüber der Natur, den Tieren und deren Lebensraum. Wir können nicht nur immer nehmen, sondern wir müssen auch etwas geben“. Es wird dort alles verarbeitet. Jede Feige, die nicht verkauft wird, wird zu Marmelade oder Chutney verarbeitet oder getrocknet. Bei der Verkostung konnten wir uns von der Qualität der Produkte überzeugen.
Anschließend besichtigten wir einen Bio-Weinbaubetrieb, der von einem gebürtigen Niederländer geführt wird, der schon über 20 Jahre in Portugal lebt. Der Winzer hat uns bei der Betriebsführung von den Anfangsschwierigkeiten erzählt, als keiner seinen Bio-Wein kaufen wollte. Mittlerweile kommen sogar Busse aus den Niederlanden, um seinen Wein zu verkosten. Wir durften einige seiner prämierter Bio-Weine probieren. Der Bio-Rotwein hat mir ausgezeichnet geschmeckt. Sehr gut in Erinnerung blieben mir die duftenden Rosen in den Weingärten und die landesüblichen Tapas, die seine Frau für uns zubereitete: Oliven, frisches Weißbrot, Käse, Tortilla de Patata, Serrano Schinken, Fleischbällchen mit Paradeissauce und Gemüse, … alles was das Herz begehrt!
Am letzten Tag besuchten wir den größten landwirtschaftlichen Betrieb Portugals, der staatlich geführt wird und teilweise biologisch bewirtschaftet wird. Auf ca. 2000 Hektar werden Gemüse, Obst, Oliven, Wein, Korkeichen, Reis und Pinienkerne erzeugt, zusätzlich werden noch Rinder, Schweine und Pferde gehalten. Die Korkeichen stehen unter Naturschutz. Erst nach 15 Jahren kann man eine Korkeiche das erste Mal ernten, danach alle 10 Jahre. Die Bio-Rinder werden auf der Weide gehalten. Besonders fasziniert haben mich die unendlich großen Weiden und Wälder. Die Flächen für den Reis werden mit Wasser geflutet und nachträglich mit einer Spezialmaschine gesetzt. Reis ist ja eine der Hauptbeilagen in Portugal.
Zum Abschluss besuchten wir noch die portugiesische Hauptstadt. Bevor wir Lissabon erreichten, fuhren wir über die Ponte Vasco da Gama, eine 17 km lange Brücke über das Meer. Wir besuchten die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie etwa das Monumente aos Restauradores, die Ponte 25 Abril, das Denkmal Christo Rei, das gotische Kloster Mosteiro dos Jeronimos, den historischen Verteidigungsturm Torre de Belém und das Padrao dos Descobrimentos, das Denkmal der Entdeckung.
Insgesamt war mein Eindruck, dass die Bio-Betriebe in Spanien und Portugal gegenüber den österreichischen Bio-Betrieben noch vergleichsweise großen Aufholbedarf haben. Dies mag auch daran liegen, dass sie kaum finanzielle Unterstützung in Form von Förderungen bekommen und daher selbst hohe Investitionen tätigen müssen. Auch beim Kontrollsystem haben sie noch Verbesserungsbedarf.
Hervorheben möchte ich aber, dass wir immer sehr herzlich und offen empfangen wurden. Mein persönliches Highlight der ganzen Reise war die Bootsfahrt an der Algarvenküste mit ihren beeindruckenden Klippen und Grotten.