Wenn Schafe lahmen

© Strobel

Die Moderhinke ist eine bakterielle Erkrankung der Klauen. Gerade bei Schafen nimmt die Erkrankung häufig einen besonders schweren Verlauf mit hochgradigen Schmerzen an den Klauen. Antworten auf wichtige Fragen gibt Tierarzt Heinz Strobel.

Wie verläuft eine Moderhinke-Erkrankung und wie hoch ist die Ansteckungsgefahr?

Typisch für Moderhinke ist die Ablösung des Klauenhorns, die ausgehend von einer Klauenspaltentzündung fortschreitet auf der Sohle bis zur äußeren Klauenwand und bis zur Klauenspitze. 

Vor allem akute, frische Moderhinkefälle stellen ein hohes Risiko dar. Allerdings muss eine Vorschädigung der Haut im Klauenspalt vorhanden sein, zum Beispiel durch anhaltende Nässe. An der Ausbreitung sind immer mehrere Faktoren beteiligt.

Wie sollten erkrankte Tiere behandelt werden? 

Erkrankte Tiere werden entweder durch die einmalige Injektion wirksamer Antibiotika oder durch wiederholte örtliche Behandlungen mit Sprays oder Fußbädern behandelt. Wichtig ist die Nachkontrolle: Lahmheiten sollten innerhalb von drei Tagen vorbei sein. Die vollständige Heilung dauert bis zu drei Wochen.

Ist Moderhinke eine Folge mangelhafter Klauenpflege?

Nein. Es ist eine Infektionskrankheit mit dem spezifischen Erreger Dichelobacter nodosus. Wenn dieser nicht in der Herde vorhanden ist, gibt es auch keine Moderhinke. 

Wie oft sollten Schafhalter die Klauen ihrer Tiere pflegen und was ist dabei zu beachten?

Ein Pflegeschnitt ist in der Regel einmal pro Jahr erforderlich. Je nach Rasse und Abnutzung können kürzere Intervalle erforderlich sein. Bei Tieren ohne Lahmheit werden nur Klauenrand und Spitze auf das Sohlenniveau zurückgeschnitten. Nur bei Tieren, die aufgrund von Verletzungen, Dornen, Eiterbläschen, etc. hinken, ist ein sorgfältiges Freipräparieren aller verdächtigen Stellen notwendig. 

Gilt das auch für Schafe mit Moderhinke?

Nein, sobald eine Infektion im Klauenspalt festgestellt wird, sollte man das Messer zur Seite legen und das Tier mit Medikamenten behandeln. Diese „sanfte“ Methode hat deutliche Vorteile gegenüber dem früher praktizierten Abtragen aller Veränderungen „bis aufs Blut“. Entscheidend ist, dass die Behandlung innerhalb der ersten Tage nach Auftreten der Lahmheit erfolgt. 

Wie sinnvoll ist eine Impfung gegen Moderhinke? 

Die Impfung mit Footvax fördert die Heilung und verhindert in der Regel die Ausbreitung in der Herde. Damit kann man Moderhinke auf niedrigem Niveau unter Kontrolle zu halten.

Welche zusätzlichen Maßnahmen sind sinnvoll?

Alle Maßnahmen, die dazu dienen, die Klauen trocken zu halten, um die Ansteckung zu verhindern, sind sinnvoll. Desinfektionsmaßnahmen der Umgebung sind schwierig und oft wenig erfolgreich, sinnvoller sind Fußbäder.

Wie lange ist der Erreger im Boden ansteckend?

Dichelobacter nodosus überlebt im Boden nicht sehr lange, auch unter feuchten Bedingungen maximal ein bis zwei Wochen. Nicht der Boden, sondern latent infizierte Tiere sind das Erregerreservoir.

In meiner Schafherde hinkt kein einziges Schaf mehr. Ist die Herde frei von Moderhinke?

Erst wenn ein Jahr lang kein akuter Fall aufgetreten ist oder wenn die Erregerfreiheit durch Laboruntersuchung (PCR) nachgewiesen ist; solange dies nicht der Fall ist, können „Schläfer“ in der Herde sein, die beim nächsten „Gummistiefelwetter“, also warm und feucht, wieder aktiv werden. 

Gibt es Futterzusätze, die die Klauengesundheit fördern?

Futterzusätze bringen nur was, wenn tatsächlich ein Mangel vorliegt, zum Beispiel an Zink, Selen oder Kupfer.

Gibt es Moderhinke bei Rindern?

Nein, definitiv nicht. Rinder haben dafür andere Probleme wie Mortellaro, etc.

Ist Moderhinke ein Tierschutzproblem?

In erster Linie ist es eine sehr schwer zu heilende Krankheit (Endemie), die auch bei größter Sorgfalt dazu führen kann, dass große Teile der Herde hinken. Tierschutzrelevant wird Moderhinke nur, wenn keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden. Das wird oft missverstanden. 

Kann man Moderhinke langfristig heilen und wie muss man sich eine Sanierung vorstellen?

Auf jeden Fall, wenn die logistischen Voraussetzungen gegeben sind und die Motivation groß genug, sollte man eine Sanierung planen. 

Für eine Sanierung das wichtigste ist ein gutes Konzept. Der Betriebsablauf wird im Hinblick auf die Risikosituationen kritisch geprüft, die notwendigen Maßnahmen und ein Zeitplan festgelegt. Es gibt mehrere Optionen, das Ziel durch konsequente Untersuchungen und Behandlungen zu erreichen. Grundsätzlich muss immer die gesamte Herde einbezogen werden. Wichtig ist, dass sich alle Beteiligten das notwendige Wissen aneignen und in der Lage sind, zusammenzuarbeiten. 

Warum sollte ein Betrieb frei von Moderhinke sein?

Moderhinke ist ein Problem, das Geld und Arbeitskraft verschlingt. Schafe mit Moderhinke haben keinen Spaß und machen keinen Spaß. Wenn man die jahrelange Verwendung von Medikamenten vermeiden will, gibt es keine Alternative zu einer Sanierung. Für Bio Betriebe gilt das ganz besonders.

Autor: Dr. Heinz Strobel ist praktischer Tierarzt seit 1984. Er ist auf die Betreuung von Schafherden in Süddeutschland spezialisiert und hat eine eigene Schafherde. www.schafpraxis.de