Pflanzenschutz und Rückstände

Pflanzenschutz
Der Bio-Landbau ist ein ganzheitliches Bewirtschaftungssystem. Ein wesentliches Prinzip ist der Vorrang von Bewirtschaftungsmaßnahmen vor dem Einsatz von externen Betriebsmitteln.
Der Einsatz von Hilfsmitteln für Pflanzenschutz und Pflanzenbehandlung ist im Bio-Landbau weitgehend auf Sonderkulturen, Wein, Obst, Gemüse, Kartoffeln, Zuckerrübe, Kräuter und Hopfen beschränkt. In Österreich machen diese Kulturen etwa fünf Prozent der gesamten Bio-Fläche aus. Auf 95 Prozent der Bio-Fläche werden keine Pflanzenschutzmittel ausgebracht. Damit werden unkalkulierbare Risiken gemäß dem Vorsorgeprinzip so weit wie möglich reduziert.
Gesunde Kulturpflanzen
Die Gesunderhaltung von Kulturpflanzen im Bio-Landbau beruht auf drei Säulen:
- Bewirtschaftungsmaßnahmen zur Vorbeugung und Reduktion des Auftretens von Schädlingen und Krankheiten durch Stärkung der Pflanzengesundheit wie Standort- und Sortenwahl, Fruchtfolge, optimale Pflanzenernährung, Bodengesundheit etc.
- Förderung der funktionellen Biodiversität durch Nützlingsförderung, Anlage von Nützlingsstreifen etc.
- direkte Maßnahmen wie Pflanzenschutzmittel
Nicht eine einzelne Maßnahme führt zum Erfolg, sondern in Summe müssen alle bausteinartig ineinandergreifen.
Verschiedene Strategien bei den Kulturen
Ein zentrales Instrument beim Pflanzenschutz im Bio-Acker-, Bio-Kartoffel- und Bio-Gemüsebau sowie bei einigen Bio-Beerenobstarten (z.B. Erdbeeren, Physalis) ist eine vielfältige Fruchtfolge. Diese kann Lebenszyklen von Schädlingen unterbrechen und somit ihr Überleben im Feld reduzieren. Außerdem trägt eine vielfältige Fruchtfolge dazu bei bodenbürtige Erreger wie Fußkrankheiten bei Getreide oder Gemüse zu regulieren. Das Unkraut wird durch eine intelligente Kombination von Fruchtfolge, Gründüngung und mechanische Verfahren in Schach gehalten.
Biotaugliche Pflanzenschutzmittel wie Kupfer werden im Ackerbau nahezu ausschließlich bei Kartoffeln eingesetzt, im Gemüsebau sind Kulturschutznetze zur Abwehr von Schädlingen und Bacillus thuringiensis-Präparate oder auch Pyrethrine, also Extrakte aus den Blüten von Chrysanthemen üblich. Im geschützten Anbau werden Nützlinge gezielt eingesetzt, während im Freiland die natürlichen Nützlingspopulationen aktiv gefördert werden. Auch die Sortenwahl spielt im Gemüsebau eine große Rolle, Kupfer zur Regulierung von Pilzkrankheiten ist hingegen von untergeordneter Bedeutung. Wichtiger sind Schwefelpräparate bei Befall von Echten Mehltaupilzen und das als Lebensmittelzusatzstoff bekannte Kaliumhydrogencarbonat (enthalten in Backpulver).
In Dauerkulturen wie Wein und Obst, bei denen in der Regel kein Fruchtwechsel möglich ist, hilft vor allem die Sortenwahl. Bio-Winzer und Bio-Obstbauern sind Pioniere beim Anbau von Sorten, die gegen Pilze und Schorf widerstandsfähig sind, beim optimalen Einsatz von Begrünungen sowie der gezielten Förderung von Nützlingen und der sogfältigen Pflege der Anlagen, um den Schädlings- und Krankheitsdruck zu reduzieren. Bei akutem Befall steht den Bio-Winzer:innen derzeit Kupfer als Wirkstoff zur Verfügung, um beispielsweise den Falschen Mehltau zu behandeln. Seit Jahrzehnten setzt sich BIO AUSTRIA dafür ein, dass möglichst wenig Kupfer auf Bio-Flächen gelangt. Bio-Betrieben soll eine sichere Perspektive für die dauerhafte Unterschreitung der erlaubten Obergrenze für Reinkupfer von drei Kilogramm pro Hektar und Jahr gegeben werden. Außerdem ist es ein Ziel, die Abhängigkeit von diesem Stoff zu verringern.
Kupfer wird im Boden nicht abgebaut und ist daher ein „Schönheitsfehler“ im Bio-Anbau. Daher wird an Bio-Forschungseinrichtungen seit 20 Jahren intensiv daran geforscht, Kupfer durch Pflanzenextrakte zu ersetzen. Es liegen bereits mehrere potenzielle Ersatzstoffe vor, bis zur Formulierung und Registrierung von praxistauglichen Produkten als Pflanzenschutzmittel wird es aber noch einige Jahre dauern.
Herausforderung Klimawandel
Ziel im Pflanzenschutz ist es, den Bio-Landbau immer stabiler und unabhängiger von externen Betriebsmitteln weiterzuentwickeln. Im Hinblick auf zunehmende Witterungsextreme mit neu auftretenden Schädlingen und Krankheiten kann nur eine aus vielfältigen Bausteinen bestehende Strategie erfolgreich sein. Sie muss laufend optimiert und angepasst werden, ebenso die Suche nach neuen biotauglichen Mitteln zur Pflanzenbehandlung.
Rechtliche Grundlagen
Wirkstoffe dürfen im Bio-Landbau nur dann verwendet werden, wenn sie in der EU-Bio-Verordnung gelistet sind, vorbeugende Maßnahmen nicht ausreichen und eine unmittelbare Bedrohung für die Kulturen besteht. Es werden keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel, keine gentechnisch veränderten Organismen und keine Herbizide gegen Unkräuter ausgebracht. Künstliche Substanzen oder Organismen stören die Selbstregulationsmechanismen in Agrarökosystemen und es ist nicht vorhersehbar, wie sie Ökosysteme beeinflussen (Vorsorge).
Werden in der EU-Bio-Verordnung angeführten Wirkstoffe und Produkte im Bio-Landbau angewendet, sind zudem die Anwendungsbeschränkungen, nationalen Pflanzenschutzmittelvorgaben sowie BIO AUSTRIA Verbandsvorgaben zu berücksichtigen.
- Grundstoffe
Vorrangig werden im Bio-Landbau natürlich vorkommende Grundstoffe eingesetzt. Dabei handelt es sich um natürliche Stoffe, die nicht als „Pflanzenschutzmittel“ zugelassen, sondern in der „Grundstoffliste“ angeführt sind, aber für die Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten dennoch von Nutzen sein können. Die meisten Grundstoffe sind tierische oder pflanzliche Stoffe aus der Lebensmittelwirtschaft wie zum Beispiel Essig, Molke, Bier, Saccharose. Aber auch Talkum, Brennesselextrakt oder Ackerschachtelhalm sind als Grundstoff gelistet.
Für Grundstoffe gelten genehmigte kulturspezifische Anwendungen, die mit den Anwendungsbeschränkungen bei Pflanzenschutzmitteln vergleichbar sind. Diese Beschränkungen sind in der „EU Pesticides Database“ angeführt. ec.europa.eu/food/plant/pesticides/eu-pesticides-database - Mikroorganismen
Pflanzenschädlinge und -krankheiten können mit ihren natürlichen Gegenspielern, Mikroorganismen einschließlich Viren behandelt werden, sofern die entsprechenden Stämme zugelassen sind und nicht GVO-Ursprungs sind. - Pflanzenschutzmittel mit bestimmten Wirkstoffen
Neben Grundstoffen und Mikroorganismen sind in der EU-Bio-Verordnung eine Reihe von Wirkstoffen gelistet, die traditionell im Bio-Landbau eingesetzt werden. Dazu gehören Paraffinöle, Diatomeenerde (Kieselgur), bestimmte Kupferverbindungen, Schwefel, Spinosad, Mineralöle, Fettsäuren, etc. - Notfallzulassungen
Zusätzlich kann die Behörde Pflanzenschutzmittel für eine maximale Dauer von 120 Tagen für eine kontrollierte Verwendung zulassen. Voraussetzung ist, dass die drohende Gefahr durch einen Schädling oder Krankheitserreger nicht anders abgewehrt werden kann. In diesem Fall handelt es um eine Indikationserweiterung für bereits zugelassene Pflanzenschutzmittel, die maximal 120 Tage gilt. Auch für im Bio-Landbau erlaubte Produkte gibt es diese Notfallzulassungen, jedoch ausschließlich für solche Produkte, die an sich biotauglich sind (also in Anhang II der EU-Bio-Verordnung gelistet sind). 2019 wurde beispielsweise NeemAzal, ein Produkt auf Basis des Neem-Extraktes, gegen Blattlaus für Zuckerrübe zeitweilig zugelassen. Dieses Produkt hat für viele Kulturen eine Zulassung gegen saugende und beißende Schädlinge, nicht jedoch für Blattläuse bei Zuckerrübe.
Im Schnitt hat das Bundesamt für Ernährungssicherheit, die österreichische Zulassungsbehörde für Pflanzenschutzmittel, rund 30 Notfallzulassungen erteilt, ein Drittel betrafen biotaugliche Mittel.
Vorsicht! Speisesoda – Natriumhydrogencarbonat im Weinbau
In der Wein- und Tafeltraubenproduktion (Vitis vinifera) darf Natriumhydrogencarbonat (herkömmliches Speisesoda bzw. Backnatron oder Backsoda genannt) als Grundstoff nicht mehr angewendet werden, sondern nur mehr in Form des Pflanzenschutzmittels NATRISANR (Zulassungsnummer 00B282-00).
Diese Änderung trat im Frühjahr 2025 in Kraft, da das Pflanzenschutzmittel NATRISANR mit dem Wirkstoff Natriumhydrogencarbonat für Deutschland und Österreich zugelassen wurde. Gemäß Pflanzenschutzmittelverordnung (EG) Nr. 1107/2009 gilt ein Wirkstoff nur dann als Grundstoff, wenn er nicht als Pflanzenschutzmittel zugelassen ist. Natriumhydrogencarbonat gilt daher in der Wein- und Tafeltraubenproduktion für Deutschland und Österreich nun als Pflanzenschutzmittel.
Im Obstbau darf weiterhin herkömmliches Natriumhydrogencarbonat eingesetzt werden.
BIO AUSTRIA Richtlinien
BIO AUSTRIA steht für einen verantwortungsvollen Umgang mit Natur und Mensch. BIO AUSTRIA sieht sich in der Verpflichtung, unsere Erde auch für künftige Generationen lebenswert zu erhalten. Auch beim Einsatz von biotauglichen Pflanzenschutzmitteln gilt diese Prämisse. So haben die BIO AUSTRIA Delegierten weitergehende Richtlinien beim Einsatz der biotauglichen Pflanzenschutzmittel Kupfer und Spinosad beschlossen.
Kupfer
Die maximale Kupfermenge pro ha und Jahr beträgt bei
Ackerkulturen: | maximal 2 kg |
Obst: | maximal 3 kg |
Wein: | maximal 3 kg |
Hopfen: | maximal 4 kg |
Eine höhere Menge ist nur in begründeten Fällen nach einer Genehmigung durch BIO AUSTRIA möglich. Kontaktieren Sie einfach den zuständigen Berater bzw. die Beraterin in ihrem Landesverband.
Spinosad
Die gesetzlich vorgeschriebene Wartezeit ist zu verdoppeln. Am Ende der Vegetationszeit erfolgt eine Monitoringmeldung an BIO AUSTRIA. (Spinosad: Monitoring-Meldung Spintor).
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an unsere Berater bzw. die Beraterin!
Rückstände
Hier finden Sie Informationen rund um die Themen Pflanzenschutz, Abdriftminderung und Handlungsmöglichkeiten bei Schadensfällen aufgrund von Rückständen, die durch einen Eintrag von außen entstanden sind.
Projektergebnisse
Projekt: Verminderung von Pflanzenschutzmitteleinträgen auf Nicht-Zielflächen
Die LK Österreich, BIO AUSTRIA und das LFI Österreich haben dieses wichtige Thema im Rahmen eines Kooperationsprojektes gemeinsam aufgegriffen. Ziel des Projekts war es, Empfehlungen und Lösungsansätze für die betriebliche als auch die überbetriebliche Ebene zu erarbeiten um Pflanzenschutzmitteleinträge auf Nicht-Zielflächen zu vermeiden und zu reduzieren – und damit auch einen Beitrag zum Schutz der Umwelt und zur geordneten Koexistenz von konventioneller und biologischer Landwirtschaft zu leisten.
Mit der Unterstützung von ExpertInnen, BeraterInnen und PraktikerInnen wurden sowohl Handlungsfelder und mögliche Maßnahmen auf der überbetrieblichen Ebene identifiziert, als auch konkrete Bildungs- und Beratungsangebote entwickelt. Eine kurze Zusammenfassung inklusive einer Beschreibung der Ausgangssituation, der Ziele dieses Projekts sowie Grafiken über die Einflussfaktoren, Handlungsfelder und Ansatzpunkte bei der Abdriftminderung bietet das Factsheet zum Kooperationsprojekt.
Mehr Infos
Zusätzlich stehen folgende Projektergebnisse zur Verfügung
Zehn Priorisierte Empfehlungen für die überbetriebliche Ebene
Für die Bereiche Bildung/Beratung/Forschung, Verwaltung, Förderungen, Kontrolle/Schadensfälle, Pflanzenschutzmittelzulassung und –register wurden Empfehlungen identifiziert, deren Umsetzung aus Sicht der Projektarbeit prioritär ist. Die konkreten Umsetzungsziele finden Sie hier

Farminar „Zielgenauer Pflanzenschutzmitteleinsatz im Wein- und Obstbau – Geräte im Vergleich“
Lernen Sie die wichtigsten Einflussfaktoren rund um Abdriftminderung kennen.
Vom Worst Case zum Best Case: Anhand praktischer Vorführungen im Weingarten werden verschiedene Gerätetypen für den abdrift- und verslustarmen Einsatz vorgestellt.
Das Farminar ist hier als Lehrvideo online verfügbar.

Lehrvideo „Zielgenauer Pflanzenschutzmitteleinsatz in Feldkulturen.
Es werden verschiedene Aspekte der Abdriftminderung im Feldbau erläutert und mit Kurzfilmen der Bildungswerkstatt Mold praxisnah veranschaulicht.
Das Lehrvideo ist hier online verfügbar.
Folder: „Gute Pflanzenschutzpraxis – Schwerpunkt Abdrift vorbeugen, vermeiden und erkennen“
Das Wichtigste zu Abdriftminderung kurz für Sie zusammengefasst.
Der Folder ist hier online verfügbar und als Print gerne bestellbar bei LK Österreich, BIO AUSTRIA, LFI.
Für Unterrichtende und Berater wurde ein umfassender Foliensatz rund um Abdriftminderung in Feld- und Raumkulturen erstellt, der ebenso bei den Projektpartnern bezogen werden kann.
Das Thema Abdriftminderung wird uns auch zukünftig begleiten. Die Kooperationspartner LK Österreich, BIO AUSTRIA und LFI Österreich werden weiterhin in ihren Aktivitäten, insbesondere in Bildung und Beratung diesem Thema besonderes Augenmerk schenken. Wenn alle in Ihren Tätigkeitsbereichen an diesem Thema dranbleiben, sind wir auf einem guten Weg!
Servicebereich
Was tun bei Schäden durch Pflanzenschutzmittelrückstände?
BIO AUSTRIA hat ein neues Beratungsblatt zum Thema Rückstände herausgegeben. Denn es wird immer wieder angefragt, wie ein Bio-Betrieb vorgehen soll, wenn Probleme bei der Kontrolle oder der Vermarktung aufgrund von Rückständen von in der biologischen Landwirtschaft nicht erlaubten Pflanzenschutzmitteln auftreten, die auf ihren Feldern oder in der Ernte durch einen Eintrag von außen entstanden sind.