Bio-Milchviehstall neu gebaut
Familie Schinagl aus Pöndorf in Oberösterreich hat vor drei Jahren einen Milchviehstall neu gebaut. Wir wollten wissen, wie sie zu diesem Entschluss gekommen ist und ihn umgesetzt hat.
„Beim Stallbau musst du selber wissen, was du willst“, ist Hans-Peter Schinagl überzeugt. Viele Jahre hat er sich gedanklich damit auseinandergesetzt, an vielen Stallbauexkursionen teilgenommen, mit Berufskollegen, Beratern und Firmen gesprochen, Angebote eingeholt und kritisch begutachtet. Seit 2008 ist der Biobauer beim Arbeitskreis Milchproduktion an der BBK Vöcklabruck. „Da lernt man auch viel über Ställe“, empfiehlt er, „weil man zu jedem Teilnehmer auf den Betrieb kommt.“ Auch gab es im Arbeitskreis über die Jahre einige Fachvorträge, die meine Stallplanung maßgeblich beeinflusst haben. Rund zehn verschiedene Planvarianten sind der endgültigen Ausführung vorangegangen.
Anbindehaltung als Hemmschuh
Für Bio-Betriebe gilt für die Anbindehaltung seit 2013 eine Obergrenze von 35 GVE. Diese Richtlinie und vor allem eine Verbesserung der Arbeitsqualität waren Anlass für Familie Schinagl, auf Laufstallhaltung umzusteigen, obwohl der 1990 gebaute Anbindestall noch gut in Schuss gewesen wäre. Anfangs wurden diverse Umbaupläne gewälzt, schlussendlich entschied man sich aber für einen kompletten Neubau. Grund waren die einfachere Planung, der geringere Arbeitsaufwand während der Bauphase und arbeitswirtschaftliche Kompromisse, die bei einem Umbau zwangsläufig aufgetreten wären. Obwohl der Biobauer in den nächsten Jahren nicht über 50 Milchkühe aufstocken will, wurde der neue Stall für 65 Kühe ausgelegt. Denn sollte die nächste Generation Interesse zeigen, muss nicht gleich wieder Baustellenbetrieb herrschen. Baustart war im Juni 2016, zum Ende der Weideperiode im November 2017 wurde der Stall mit 32 Kühen bezogen. Die Umstellungsphase verlief relativ problemlos. Dazu beigetragen haben vor allem der gewohnte Weidegang und der großzügig ausgeführte Abkalbe- beziehungsweise Krankenbereich auf Tiefstroh.
So kam es, dass der erste Kuhabgang erst im August 2018 erfolgte.
Arbeitsabläufe optimiert
Anfangs hatte Hans-Peter noch die Idee, den Altbestand zumindest für Abkalbungen, Kälberboxen oder kranke Tiere zu nutzen, doch diese wurde aufgrund der langen Wege verworfen. Denn um Arbeitsabläufe wie das Tränken von Kälbern oder Separieren von Kühen optimal zu gestalten, müsse alles zentral um das Melkhaus sein, meint Schinagl. Das Lager für loses Heu samt Belüftung befindet sich über dem Altstall. Der Heuabladebereich (Tenne) des Altbestandes wurde mit der Futterachse des Neubaus durch einen überdachten Zwischentrakt verbunden. Im Winter wird alle drei Tage Heu mit dem Kran in die Tenne heruntergebracht und dann täglich mit dem Hoftrac vorgelegt. Die Kälbereinzelboxen finden auch im Zwischentrakt Platz, anschließend daran ist der Abkalbe- und Separationsbereich. Der Altstall wird zur Zeit als Futterlager und Garage genutzt, dieser könnte bei Bedarf relativ einfach zum Trockensteher- und Transitbereich umgebaut werden.
Dreireihiger Stall
Der Liegeboxenlaufstall mit Spaltenboden ist in der Längsachse von Ost nach West ausgerichtet. Auf der Westseite (Wetterseite) wurden nach oben öffnende Schiebefenster montiert, da sich hier der Auslauf befindet. Die Südostseite wurde mit vier Meter hohen Curtains ausgeführt. Diese sind im Sommer meist offen und ermöglichen gemeinsam mit der Lichtfirstentlüftung eine hervorragende Luft und Lichtqualität. Zur kalten Jahreszeit ist der Vorhang meist geschlossen, lässt aber trotzdem sehr viel Licht und Sonnenwärme durch. „Das ist kein Vergleich zu den Schiebefenstern“, betont Hans Peter. Mit Frost gab es die ersten zwei Winter trotz geringem Tierbesatz kaum Probleme. Bei andauernder Kälte kam es vor, dass der Kot stellenweise an den Spalten festfror, in diesem Fall wurde mit dem Hoftrac abgeschoben. Die Wasserversorgung wird durch vier an eine Ringleitung angeschlossene Becken gewährleistet, die Zusatzheizung wurde bisher nicht benötigt.
Der dreireihige Stall ist mit Hochbuchten ausgestattet, Tiefbuchten kamen aufgrund der Spalten nicht infrage. Die Buchten werden täglich mit Mahlstroh eingestreut. Alle sechs bis acht Wochen wird Mahlstroh im Bugschwellenbereich eingebracht. Aus Tierwohlsicht sind die Hochbuchten nicht optimal, im Winter bemerkt Schinagl regelmäßig aufgescheuerte Karpalgelenke.
Der Biobauer hat sich aufgrund des Geländeunterschiedes (3,5m abfallend) statt planbefestigter Schieberbahnen und offener Güllegrube für eine Unterkellerung aller Laufgänge entschieden. Die 1200 m3 fassende Grube wird mittels Paddelrührwerk umgerührt. Zum Aufschütten neben der unterkellerten Fläche mussten 6000 m3 Aushub planiert werden, damit der Zugang zur Weide optimal gestaltet werden konnte.
Gebrauchter Melkstand statt Melkroboter
Die Entscheidung für das Melksystem war nicht einfach, aber aufgrund einer eher geringen Technikbegeisterung, planbarer fixer Stallarbeitszeiten, keiner ständigen Abrufbereitschaft, flexiblerer Gestaltungsmöglichkeiten bei der Weidewirtschaft, geringerer Anschaffungs- und Servicekosten, entschied er sich für einen Melkstand.
Dieser wurde als 2×8 Side by Side-Melkstand (80°) mit seitlichem Schnellaustrieb konzipiert und ermöglicht, dass eine Person die Melkarbeit in rund 35 bis 40 Minuten erledigt. Dazu kommt die Reinigungszeit von fünf bis zehn Minuten. Diese erfolgt mit einer Wasserschwallanlage, die mit Regenwasser aus einem 30 m³ fassendem Speicher versorgt wird.
„Wenn schon ein Melkstand, dann muss er leistungsfähig und um einiges günstiger sein als ein Melkroboter!“, dachte sich Schinagl. So wurde das Melkstandgerüst neu und der gesamte Rest der Melktechnik gebraucht angekauft.
Mit 42.000 Euro Gesamtkosten für die fertige Melkanlage konnte sich Schinagl hier einiges sparen, ein komplett neues System hätte doppelt soviel gekostet. „Gebrauchte Melktechnik ist leicht und günstig zu haben, auf solche Möglichkeiten sollte viel mehr Bedacht genommen werden“, ist er überzeugt.
Kostenbewusst bauen
Die Kosten für das gesamte Projekt (Planung, Unterbau samt Güllelager, Halle, Aufstallung, Melktechnik) hat er mit jeder Arbeitsstunde samt Kleinmaterial und Arbeiterverpflegung, jedoch ohne Eigenleistung erfasst. Mit Standplatzkosten von 9300 Euro pro Kuh ist Hans-Peter sehr zufrieden.
Könnte er nochmals neu planen, würde Schinagl die Hochliegebuchten komfortabler gestalten, den Melkstand um zwei Melkzeuge erweitern und einen fix eingebauten Klauenpflegestand bereits in der Planung berücksichtigen.
Als Tipp für Stallbauer empfiehlt er: Viele Ställe besichtigen,
mehrere Angebote einholen, vergleichen und so gut wie möglich alle Planungs- und Kaufentscheidungen vor Baubeginn abschließen.
Autoren:
Regina Daghofer und Franz Promegger, BIO AUSTRIA Salzburg
Betriebsdaten
35 ha Grünland
48 Milchkühe, 20 Stück Jungvieh
Vollerwerbsbetrieb
Lieferung an Vöcklakäserei Pöndorf, Wiesenheumilchlieferant