Bio-Puten mästen

© Hager
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Seit über zwei Jahren „gubbeln“ auf unserem Betrieb neben BIO AUSTRIA-Qualitätsmastrindern auch Bio-Puten. Sie verlangen die volle Aufmerksamkeit in punkto Haltung und Fütterung.
„Unsere Bio-Puten sind uns ein Herzensanliegen“, mit dieser Wertehaltung kommen wir generell unseren Tieren entgegen. Neben unseren Erfolgsfaktoren (siehe Kasten) können wir maßgeblich die Tiergesundheit unserer Bio-Puten durch Haltung, Fütterung und eine gesunde Jungputenaufzucht beeinflussen. Letztere legen wir bis zum Alter von etwa vier Wochen in die Hände eines Aufzuchtbetriebes. Wir haben uns für ein Rein-Rausverfahren ohne Voraufzucht entschieden und schaffen cirka drei Umtriebe zu je 1250 Bio-Puten pro Jahr. Die Pausen zwischen den Umtrieben nützen wir für eine familiäre Auszeit.

Ankunft entscheidend

Der Grundstein für einen gesunden Start wird schon vor der Ankunft der Tiere gelegt: sauberes Waschen, Trocknen und leer Stehenlassen des Stalls; überprüfen der Technik, Wartung oder Reparatur. Im Winter wird der Stall durchgehend temperiert, sonst etwa zwei Tage vorgeheizt. Die Einstalltemperatur beträgt ein Grad über der Empfehlung, bei uns sind es cirka 24 Grad. Auf die 460 m2 Stallfläche verteilen wir etwa zwei Stunden vor der Ankunft drei Rundballen bestes Dinkelstroh und das Futter über die Futterbahn. Die Tränkerleitung wird nochmals gespült. Heizen und Lüften sind ganz allgemein wichtige Bausteine für vitale Tiere.

Die richtige Mischung

Als größter Kostenblock neben dem Jungputenzukauf, anteiligen Lohnkosten, der Abschreibung und sonstigen variablen Kosten beispielsweise für Heizung und Strom sind die Fütterung und die daraus resultierenden Leistungen zentrale Bausteine für eine erfolgreiche Bio-Putenmast. Etwa drei Viertel der Futtermittel kommen derzeit vom eigenen Hof, der Rest wird über Starterfutter beziehungsweise Sondermischungen mit einem Zusatz von Kräutern und Bierhefe abgedeckt. Es gibt keine „Standardrezeptur“, ein paar Komponenten sind immer mit dabei, sonst wird je nach Verfügbarkeit oder vorhandener Futtermittel eine Rezeptur über das Rationsprogramm erstellt.

Als Hauptkomponenten mit cirka 70 bis 80 %werden Mais und Weizen beziehungsweise Triticale eingesetzt. Gerste als ausgezeichneter Energiespender mit guter Rohfaserstruktur und Hafer mit diätischer Wirkung machen die Ration vielfältig. Erbsen und Ackerbohnen sind durch den Mischkulturanbau (Triticale mit Wintererbse oder Winterackerbohne) auch in der Mischung. Ergänzt werden die Eiweißkomponenten am besten mit Bio-Rapskuchen (essentielle Aminosäuren) oder Bio-Sojakuchen beziehungsweise Bio-Leinkuchen.
Der Mineralstoffbedarf wird zur Gänze oder zum Teil über ein Geflügelkonzentrat, das in diesem Fall mit losen Mineralstoffen ergänzt wird, abgedeckt. Zur Staubbindung wird 1 bis 1,5 % Bio-Sojaöl beigemengt. In den ersten drei Phasen wird Bierhefe beigemischt, einerseits als Eiweißträger und andererseits wirkt sie appetitanregend.

Genau mahlen und mischen Abgewickelt wird das Mahlen und Mischen über den Mischzug (MMG OÖ) mit aufgebauter Quetsche beziehungsweise Mühle. Beim Mahlen oder Quetschen achte ich auf die passenden Siebe und die Drehzahl, damit die Mischung nicht zu fein wird. Jede Komponente wird separat überprüft, Bierhefe, Kalk, Mineralstoffe, Kräuter und das Öl werden eingemischt. Bei der Futterbahn im Stall überprüfe ich die Mahlfeinheit beziehungsweise Mischgenauigkeit mit einer Schüttelbox. Dabei werden etwa 250 g durch vier verschiedene Siebgrößen solange geschüttelt, bis sich die Anteile nicht mehr verschieben. Anhand einer Prozentskala kann ich die Anteilsverteilung ablesen. Es sollten keine ganzen Körner dabei sein und der Feinanteil darf maximal 3 bis 5 % betragen.

Kräuter und Hausmittel

Von Anfang an kommen Kräuter in die Mischung, 1,5 kg je 1000 kg Futter; hauptsächlich Oregano, aber auch Thymian oder Kümmel für die Verdauung. Der hauseigene Obstessig sowie Effektive Mikroorganismen werden dem Wasser beigemengt. Sobald Kannibalismus auftritt, werden die Lichtintensität im Stall reduziert und Essig mit Salz dem Wasser beigemengt. Die Eigenmischung auf unserem Betrieb basiert auf eigenen Komponenten, entlastet den Geldbeutel und ist auf unsere Anforderungen abgestimmt. Konventionelle Bestandteile in unserer Ration sind Bierhefe und Kräuter.

Viel hilft viel – unserer Erfahrung nach gilt dies nicht für Rohprotein, hier ist oftmals weniger mehr, wenn essentielles Eiweiß verfügbar ist und verwendet werden kann. Da Geflügel und im Besonderen die Pute ein Allesfresser ist, muss diese auch abwechslungsreich gefüttert und beschäftigt werden. Etwa die Hälfte des Tages verbringen die Tiere mit der Futtersuche, Eiweißkomponenten pflanzlicher und tierischer Herkunft dürfen nicht fehlen. Die 100 %-Bio-Fütterung stellt Bio-Betriebe vor große Herausforderungen. Der Einsatz bestimmter tierischer Komponenten in der Geflügelfütterung wie zum Beispiel Larven der schwarzen Soldatenfliege, der Gemeinen Stubenfliege oder des Gemeinen Mehlwurms sollte daher überlegt werden. Gerade in der Aufzuchtphase sind hochwertige Eiweiße wichtig. Noch essentieller sind die Aminosäuren, vor allem Methionin. Die meisten pflanzlichen Komponenten haben jedoch geringe Gehalte.

Autor:

Ing. Andreas Hager Biobauer im Mühlviertel und Bio-Geflügelberater, BIO AUSTRIA OÖ, www.biohofhager.at

Erfolgsfaktoren am Bio-Betrieb Hager:

– „Das Auge des Herrn mästet das Vieh“:
o Vierphasige Fütterung mit einwöchiger Übergangsfütterung (Startphase; 6. bis 11. Woche; 11. bis 16. Woche und Endmast) mit einem abgestimmten Energie/Rohproteinverhältnis; in diesen Phasen sinkt der Rohproteingehalt in der Ration von 23 % auf 16 %, Energiegehalt steigt von 11 % auf 12,5 %.
o eigenes Rationsprogramm (Zifowin aus Bayern)
– „Wer schreibt, der bleibt“: selbst erstellter Managementplan, tägliche Dokumentation von Wasser- und Futterverbrauch sowie Stalltemperatur; dient auch zur Dokumentation für die Bio-Kontrolle (Zugang zu Wintergarten, Weide, Verluste, Behandlung, Wiegedaten: wöchentliche Wiegung)
– „Vertrauen ist gut, Kontrolle besser“: dreimaliger täglicher Kontrollgang durch den Stall (sehen, hören, riechen)
– Sauberkeit:
o Futterhygiene (Feld, Lagerung)
o Schmutzschleuse mit Waschbereich, Schuh- und Kleidungswechsel
o im Stall und rund um den Hof (zum Beispiel Mist aus der Windrichtung zum Stall und nicht direkt beim Stall lagern, Schächte und Abflussrohre verschließen)