Fehler vermeiden
Wenn man die kritischen Punkte in der Fütterung von Schaf und Ziege kennt, gezielt vorsorgt und korrekt damit umgeht, kann man möglichen Stoffwechselstörungen und Erkrankungen vorbeugen.
Die häufigsten Fehler in der Fütterung von Schafen und Ziegen liegen darin begründet, dass allzu oft ihr Erhaltungs- und Leistungsbedarf nicht bekannt ist und von daher nicht leistungsgerecht gefüttert werden kann. Des Weiteren ist leider oft auch das Fütterungspotenzial des angebotenen Grund- beziehungsweise Grobfutters hinsichtlich des Energie- und Nährstoffgehalts nicht bekannt. Dadurch lässt sich die Deckung des tierischen Bedarfs nicht planen, berechnen oder überprüfen und kann auch kaum richtig eingeschätzt werden kann. Die Folgen hiervon sind einfach zu benennen.
Nicht richtig versorgt
Entweder kommt es zu einem Überangebot an Energie und Nährstoffen, was beim Tier zu einem übermässigen Gewichtszuwachs als Folge von Gewebefetteinlagerungen führt. Das hat längerfristig Auswirkungen auf mögliche Stoffwechselerkrankungen wie die Ketose und kann die Fruchtbarkeit oder das Ablammen aufgrund verfetteter Geburtswege beeinträchtigen.
Umgekehrt führt eine Unterversorgung an Energie, Protein und anderen Nährstoffen zu reduzierten Leistungen wie geringe Tageszunahmen, eine niedrigere Milchleistung bei geringen Gehaltswerten der Milch, eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber möglichen Infektionskrankheiten und Parasiten oder die Tiere sind ganz allgemein weniger vital und haben eine verringerte Abwehrkraft.
Sowohl die Über- als auch die Unterversorgung zeigen oft unspezifische Symptome und werden daher nur schlecht oder zu spät erkannt. Zudem wird das Potenzial der Tiere hinsichtlich genetisch definierter Leistungsbereitschaft, Fruchtbarkeit und Gesundheit nicht ausgeschöpft, was der Wirtschaftlichkeit in der Haltung von Schaf und Ziege abträglich ist. Weitere negative Einflussfaktoren ergeben sich auch oft als Folge einer mangelhaften oder unausgewogenen Mineralstoff-, Spurenelement- und Vitaminversorgung der Tiere.
Was ist zu tun?
Die wichtigsten Ansätze zur Vermeidung der genannten Probleme sind Kenntnisse über den Bedarf meiner Tiere beziehungsweise Herde, Kenntnisse über die Hygiene und den Futterwert meines verfütterten Grob- und Ergänzungsfutters und Kenntnisse betreffend der botanischen Zusammensetzung und der Qualität des Pflanzenbestandes meiner Wiesen und Weiden. Auch ist es wichtig, den jeweiligen Schnitt- beziehungsweise den Nutzungszeitpunkt der Bestände und Parzellen optimal zu wählen, um deren Potenzial in der Fütterung korrekt einschätzen zu können.
Sommer- und Winterfütterung Auf der Weide suchen und selektieren sich die Tiere das Futter soweit als möglich selbst. Das heißt, sie fressen jene Futterpflanzen, die ihren Bedarf optimal decken. Hierbei ist es oftmals eine Frage des Pflanzenbestandes und des Alters des Aufwuchses, ob der Energie- und Nährstoffbedarf der Tiere optimal gedeckt werden kann. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass aufgrund der Wetterverhältnisse – Trockenheit, Hitze, Stürme – oftmals Engpässe in der Versorgung der Tiere aufgetreten sind. Auch dieses Jahr scheinen sich die Verhältnisse ähnlich zu entwickeln, was allenfalls entsprechend einer frühzeitigen Ergänzungsfütterung zur Weide zu beachten ist.
In der Winterfütterung hingegen sind die Tiere vollständig auf das Angebot angewiesen, welches ihnen vorgelegt wird. Nicht selten entspricht auch das Winterfutterangebot nicht ganz den Bedürfnissen der Tiere. Je nach Alter und Zusammensetzung des Pflanzenbestandes und den Witterungsverhältnissen zum Zeitpunkt der Futterernte beziehungsweise des Konservierungsverlaufs zur Heu- oder Silage-Bereitung, entspricht das Futter nicht den hygienischen Anforderungen und den qualitativen Energie- und Nährstoffansprüchen der Tiere. Es wird in der Folge ungern gefressen und deckt den Leistungsbedarf nur unvollständig. Körperreserven werden als Kompensation abgebaut, was zu Gewichtsverlust und Leistungseinbußen führt. Das zerrt an der Gesundheit und Vitalität der Tiere und sollte längerfristig nicht der Fall sein.
Sauberes Wasser Wasser bedeutet Leben! Wie beim Menschen, kann auch der Wiederkäuer länger fasten als dürsten. Schaf und Ziege ergeht es deshalb nicht anders. Selbstverständlich enthalten frische Weidegräser über 85 Prozent Wasser. Dennoch ersetzt der hohe Feuchtigkeitsgehalt im Gras niemals den Wasserbedarf der Tiere, der an der Tränke gestillt werden will. Hierzu gilt das Angebot an sauberem Trinkwasser, täglich zur freien Aufnahme. Auch für die Qualität ist Sorge zu tragen. Die Wasserqualität entspricht den Anforderungen der Tiere, wenn auch wir bereit wären, ab der gleichen Tränkequelle das angebotene Wasser zu trinken.
Wenn Tiere erkranken
Abgesehen von den genannten, wichtigen und allgemeinen Grundsätzen zur Fütterung von Schaf und Ziege, gibt es eine Reihe spezifischer, fütterungsbedingter Erkrankungen. Darunter fallen eine Verfütterung zu großer Mengen an kohlenhydratreichen Futtermitteln wie Kraftfutter, Brot oder Obst, welche zu einer akuten Pansenübersäuerung (Pansenazidose) führen kann. Im Fall eines Überangebots an eiweißreichen Futtermitteln tritt die Pansenalkalose auf. Beides unterbricht die normale Funktionsfähigkeit der Pansenmikroben und die normale Verdauungstätigkeit was einer Notfallsituation gleichkommt, eine sofortige Rationskorrektur verlangt und den Beizug des Tierarztes erfordert.
Fast jeder Schaf- oder Ziegenzüchter kennt die Situation des Festliegens hochträchtiger Schafe oder Milchziegen als Folge einer Trächtigkeitstoxikose (Ketose). Ausgelöst durch die Unterversorgung an Energie, vor allem bei Mehrlings-Trächtigkeit oder Stress fördernden Managementfehlern, erfordert auch diese akute Erkrankung einen unverzüglichen Beizug des Tierarztes. Eine korrekte Energieversorgung in den letzten Trächtigkeitswochen und das Vermeiden von Stress jeder Art – keine Neugruppierung, kein Futterwechsel, keine Behandlungen der Tiere – ist die beste Vorbeugung.
Auch Schaf und Ziege können an Milchfieber erkranken. Die Ursache liegt an einer gestörten Anpassung des Kalzium-Stoffwechsels aufgrund des erhöhten Kalziumbedarfs bei einsetzender Laktation. Beim Schaf tritt die Krankheit häufig vor dem Ablammen, bei der Ziege eher nach dem Ablammen auf. Wichtig sind eine der Situation angepasste Rationsgestaltung und die Vermeidung von Stress um den Zeitpunkt der Geburt.
Weitere, eher spezifische fütterungsbedingte Erkrankungen können in der falschen Mineralstoff- oder Vitaminversorgung begründet sein. Zu erwähnen sind Rachitis, Harnsteine, Weidetetanie, Selenmangel, Eisen- und Kupfermangel oder Kupferüberschuss wie auch ein Mangel an Vitamin B1, welcher die Hirnrindennekrose verursachen kann.
Es gibt zahlreiche fütterungsbedingte Erkrankungen bei Schaf und Ziege. Umso wichtiger ist es, Risikofaktoren in der Fütterung – dazu gehören vor allem das Futterangebot und die Futterqualität – rechtzeitig zu erkennen und darauf rasch zu reagieren.
Autor:
Marc Boessinger, Schweizerische Beratungszentrale AGRIDEA, Lindau-Eschikon