Herdenmanagement im Milchviehstall
Es gibt Milchviehställe, in denen läuft es rund und es gibt andere, in denen ein Problem auf das andere folgt. Was ist der Unterschied?
Beim Herdenmanagement ist es entscheidend, Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen, den Grund für die Fehlentwicklung zu finden und Korrekturmaßnahmen zu setzen. Genau das ist die Kernaufgabe erfolgreichen Herdenmanagements im Milchviehstall. Wichtige Kennzahlen erheben beziehungsweise im Blick haben, diese mit den Zielwerten vergleichen und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen einleiten. Gute Herdenmanager sind bemüht, Probleme bereits im Keim zu ersticken oder im Vorhinein auszuschließen.
Ihre übergeordneten Ziele sind:
• Gesunde Tiere: Arbeit mit kranken Tieren kostet Zeit und Geld und macht keinen Spaß.
• Die Wirtschaftlichkeit des Betriebszweigs: Bio-Milcherzeugung soll ökologisch und ökonomisch nachhaltig sein.
Ist-Situation und Ziele kennen
Zunächst gilt es, den Status quo zu erheben, um zu sehen, wo man steht. Im Arbeitskreis Milchproduktion zum Beispiel erfolgt das mit der jährlichen Betriebszweigauswertung. Dadurch kennt jedes Arbeitskreismitglied seine biologischen und wirtschaftlichen Kennzahlen und kann sich mit dem Durchschnitt sowie dem wirtschaftlich stärkeren und schwächeren Viertel der Bio-Betriebe im Arbeitskreis vergleichen. Jeder Betrieb und auch die dort arbeitenden Menschen sind anders, weshalb sich auch die Stärken und Schwachstellen stark unterscheiden. Der Horizontalvergleich hilft dabei, die Stärken und Schwächen des eigenen Betriebes zu finden.
Nachdem bekannt ist, in welchen Bereichen Verbesserungsbedarf besteht, hilft die Formulierung von SMARTen Zielen. Dabei ist folgendes zu beachten:
• Spezifisch: Was genau ist mein Ziel? Schriftlich festhalten, Kennzahlen einbeziehen
• Messbar: Ist und Ziel-Situation anhand klarer Kennzahlen festhalten
• Attraktiv: Wozu will ich mein Ziel erreichen? Was motiviert mich, mein Ziel zu erreichen?
• Realistisch: Wodurch erreiche ich mein Ziel? Maßnahmen zur Zielerreichung ausarbeiten
• Terminisiert: Bis wann will ich mein Ziel erreichen?
Ob ein Ziel erreicht wird oder nicht, hängt maßgeblich von zwei Faktoren ab. Erstens vom Wissen um die richtigen Maßnahmen. Besonders hier kann das Hinzuziehen unabhängiger Beratung weiterhelfen. Zweitens müssen die richtigen Maßnahmen dann auch konsequent umgesetzt werden. Dies liegt in der Eigenverantwortung der handelnden Personen.
Beispiel Fütterung Kosten für Grund-, Kraft- und Mineralfutter machen zusammen nicht nur 54 % der Direktkosten auf Bio-Betrieben aus, die Fütterung beeinflusst auch Tiergesundheit und Milchleistung ganz wesentlich. Erfolgreiche Betriebe kombinieren hohe Grundfutterqualität mit effizienter, bedarfsgerechter Kraftfutterergänzung und hoher Futteraufnahme. Je einfacher die Ration, umso besser. Man sollte bei jeder Rationskomponente genau wissen, warum man sie füttert.
Beispiel Nutzungsdauer Die Kosten für Bestandesergänzung und Tiergesundheit machen zusammen 32 % der Direktkosten auf Bio-Betrieben aus. Auch hier besteht ein enger Zusammenhang zur Leistungsseite. Eine höhere Nutzungsdauer senkt nicht nur die Bestandesergänzungskosten, sondern steigert auch das Leistungspotential der Herde und die Anzahl der jährlich für den Verkauf zur Verfügung stehenden Rinder.
Dafür habe ich keine Zeit
Oft glaubt man, die Überwachung entscheidender Kennzahlen sei sehr kompliziert und zeitintensiv. Erfolgreiche Beispiele aus der Praxis zeigen aber das genaue Gegenteil. Ja, sich eine für sich und seinen Betrieb passende Routine zurechtzulegen und diese konsequent umzusetzen, benötigt auch etwas Zeit. Allerdings werden durch konsequentes Herdenmanagement viele Probleme im Vorhinein ausgeschlossen beziehungsweise deutlich früher erkannt. Das spart Zeit, Geld und vor allem Nerven. Erst auf ein Problem aufmerksam zu werden, wenn sich die Mastitisfälle häufen und der S-Klassenzuschlag verloren ist oder wenn eine Kuh nach der anderen lahmt und Futteraufnahme und Fruchtbarkeit massiv leiden, ist nicht nur zu spät, sondern auch nicht planbar und sehr arbeitsaufwändig. Man muss problemgetrieben handeln und das führt oft zu enormem Stress. Letztendlich sorgt ein gutes Herdenmanagement auch dafür, dass das Leben in der Familie und im sozialen Umfeld den ihm gebührenden Stellenwert erhält, denn durch gutes Herdenmanagement wird nicht nur die Arbeit im Stall, sondern auch die Freizeit planbarer.
Autor: Dr. Marco Horn, LK Niederösterreich