Kleine Maus und große Schäden

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Vergangenes Jahr wurden einige Ackerbauregionen Österreichs von Mäusen heimgesucht. Bei Maßnahmen muss an vielen Punkten angesetzt und deren Wirtschaftlichkeit und Nutzen abgewogen werden.


In großen Teilen des Weinviertels haben Feldmäuse im letzten Jahr enorme Schäden auf Getreide-, aber auch auf Mais-, Kürbis-, Rüben- Soja- und Sonnenblumenfeldern angerichtet. Der Schaden wurde mit 30 Prozent der Erträge beziffert, bei manchen Bauern sogar mit hundert Prozent. Auch in anderen Regionen – vorwiegend in klassischen Trockengebieten – wurden mehr Mäuse als sonst beobachtet. In Unterkärnten und der Südoststeiermark gab es punktuell Probleme.

Mögliche Ursachen

Die Gründe für die explosionsartige Vermehrung der Feldmäuse dürften vielschichtig sein: Reduzierte Bodenbearbeitung, trockene Sommer, in denen die Mausgänge nie überschwemmt werden und zu warme Winter. „Aber vermutlich sind es auch Agrarlandschaften mit wenig Strukturen, in denen sich Fressfeinde nicht gut ansiedeln und vermehren können“, betont Cornel Stutz, Experte für Mäuseregulierung von Agroscope Reckenholz-Tänikon in der Schweiz. Für Bernd Walther, Biologe und Nagerexperte von Erminea in Deutschland spielt der Zyklus der Mäusepopulationsentwicklung eine große Rolle: „Dieser ist nicht wirklich erforscht, seit 100 Jahren werden dreijährige Rhythmen beschrieben. Diese überlagern die jährlichen Bestandsschwankungen. Ist der Höhepunkt eines solchen Zyklus überschritten, brechen die Bestände großflächig und binnen kürzester Zeit zusammen. Massenvermehrung und Zusammenbruch haben natürliche Ursachen, deren Wirkungsgefüge noch nicht ausreichend entschlüsselt ist.“

Ob 2020 ein noch extremeres Feldmausjahr zu erwarten ist, entscheidet sich jetzt. Denn der Fitnesszustand der Mäuse im Frühjahr wird durch den Wetterverlauf im Winterhalbjahr maßgeblich beeinflusst. Für Bernd Walther deuten bisher zumindest in Deutschland viele Faktoren wie zum Beispiel die derzeitige Alterszusammensetzung und die stabile Reproduktion sowie die in vielen Regionen bisher nicht erfolgte Massenvermehrung darauf hin.

Kontrolle im Frühling

Eine Bestandskontrolle ist bereits im Frühjahr notwendig. Dicht bewachsene Flächen wie Säume, Kleegras-, Raps- und Wintergetreidebestände müssen auch in den Wintermonaten gut beobachtet werden. So sollen Laufgänge gesucht, Schlagfallen aufgestellt, Löcher verschlossen und anschließend wieder kontrolliert werden. Ab April oder Mai kann man schon gut absehen, ob zusätzliche Maßnahmen in der Bodenbearbeitung auf Ackerflächen notwendig sind oder benachbarte Gemüseflächen geschützt werden müssen.

Verschiedene Maßnahmen

Bei einer starken Vermehrung am Acker ist eine direkte Bekämpfung durch Fallen oder Vergasen auszuschließen. Rodentizide wie Räucherpatronen, -tabletten, Fraßgifte und Blutgerinnungshemmer sind im Bio-Landbau ohnehin verboten und auch für den Anwender und natürliche Feinde gefährlich.

Bodenbearbeitung Eine Bodenbearbeitung in einer Tiefe von circa 20 cm wirkt Mäuse reduzierend, da die Gänge und vor allem die Gelege zerstört werden. Ist kein Pflugeinsatz möglich oder erwünscht, reicht auch eine intensive Stoppelbearbeitung. Auch der Einsatz von Grubber oder Tiefenlockerer ist zielführend. Ein Stoppelsturz im Herbst mit einer tiefen Schollenbildung kann den Mäusen wiederum das Überwintern erleichtern. Bei einer Frühjahrsfurche rät Bernd Walther zum Einhalten von mindestens drei Wochen Abstand zwischen Grundbodenbearbeitung und Saatbettbereitung. Bei der Ernte ist eine erste wichtige Maßnahme, das Stroh gleichmäßig zu verteilen. Denn unter den Strohnestern finden Mäuse eine ideale Deckung. Kurze Stoppeln bieten weniger Schutz vor Beutegreifern, daher kann ein Nachhäckseln von langen Stoppeln sinnvoll sein. Auf stark mausbesiedelten Flächen kann unter Beachtung der Erosionsgefahr eine Begrünungsvariante mit einem Umbruch im Herbst ins Auge gefasst werden. Zu achten ist auch auf Wegränder, diese sollten gemäht und gemulcht werden, auch ein unbegrünter Ackerrand kann die Einwanderung reduzieren.

Natürliche Feinde Durch Unterstützung der natürlichen Feinde kann einiges erreicht werden. Immerhin ein Viertel der Population fällt Fressfeinden zum Opfer. Allerdings hinkt die Entwicklung der Beutegreiferpopulation der der Mäuse bis zu vier Jahre hinterher. Wichtig ist dennoch eine Vielfalt an Räubern. Hecken, Sitzstangen für Greifvögel, Nistkästen für Eulen und Turmfalken oder Holzhaufen und lockere Steinhaufen für Hermelin und Mauswiesel sind zielführend.
Sitzstangen für Greifvögel müssen möglichst flächendeckend angebracht und so hoch sein (drei bis vier Meter hoch mit einer Querstange von 25 cm), dass die Vögel einen Hektar überblicken können. Die Deckung für die Mäuse in den Kulturen muss möglichst gering sein.
Für Bernd Walther gilt es, die Phasen zwischen den Spitzen der Populationsentwicklung zu nützen. Hier könnte sehr wohl eine flächendeckende Förderung der Beutegreifer Massenvermehrungen verhindern. Eine Schleiereule verspeist beispielsweise bis zu 3000 Mäuse pro Jahr.

Pflugfurche Möglich ist auch, eine etwa 30 cm tiefe Pflugfurche mit steiler, möglichst sauberer Kante zu der schützenden Kultur hin zu ziehen und alle 20 bis 30 m einen Behälter nach dem Prinzip der „Göttinger Fangwanne“ zu platzieren. In diese mit Einbahn-Zuläufen ausgestattete Mörtelwanne können Mäuse flüchten und werden dort von Beutegreifern erwischt. Solche Wannen können 75 Prozent der Zuwanderung reduzieren, rät Bernd Walther. Das Aufstellen von Krötenzäunen oder speziellen Mäusezäunen ist aufgrund des hohen Material- und Zeitaufwandes bei einjährigen Kulturen auch mit hohem Deckungsbeitrag nicht sinnvoll.

Mäusegräben Ein weiterer Schritt, der aber nur bei Gemüse- und anderen Sonderkulturen ökonomisch Sinn macht, ist die Ziehung von Mäusegräben. Holger Buck, Gemüsebauberater bei Naturland berichtet, dass schon bei der letzten Feldmauswelle vor fünf Jahren Karottenproduzenten das Anlegen von gefrästen Gräben erfolgreich erprobt haben. Allerdings sind nur ausreichend tiefe, steile und breite Gräben effizient genug. Diese sollten 45 bis 50 cm tief und 20 bis 25 cm breit sein und eine möglichst steile, glatte Wand haben. Als Übergänge zum Überfahren bieten sich senkrecht stehende Gummimatten an. Die Maschinen sollten beim Anlegen mit einem Rundschaftmeißel arbeiten, Kettenfräsen sind aufgrund des Verschleißes und der zu rauen Wände nicht zu empfehlen.

Auf großen Flächen können bei Kulturen mit hohem Deckungsbeitrag maschinell ausgelegte Legeflinten eine Möglichkeit sein, um Mäuse zu reduzieren. „Doch meist hilft großflächig nur ein Starkregen, der die Mäusebauten ausschwemmt. Manchmal kommt jedoch ein Zusammenbruch sehr schnell, in ein bis zwei Wochen sind die meisten Mäuse verschwunden und keiner weiß warum“, erklärt Bernd Walther.

Quellen: www.erminea.com; Ökomenischer Gärtnerrundbrief Nr. 4/2019 und eigene Recherchen

Wissen

Es gibt acht Wühlmausarten, die Kulturen schädigen. Die Feldmaus und die Schermaus (Wühlmaus) bereiten die größten Probleme. Die Schermaus ist vor allem in Dauerkulturen und auf pfluglos bewirtschafteten Standorten zu finden. Feldmäuse sind halb- bis dreimal so klein, 40 g schwer, richten aber bei großen Populationen viel größere Schäden an. Sie sind eigentlich Bewohner des Grünlandes, wandern aber aus Ackerrandbereichen und Kleegrasflächen zum Zeitpunkt des Bestandsschlusses in Acker- und Gemüsekulturen ein.
Ein Pärchen hat jährlich sechs Würfe mit je zehn Jungen. Ein Weibchen ist zwölf Tage nach der Geburt geschlechtsreif. Das heißt, das theoretische Vermehrungspotenzial eines Feldmauspärchens beläuft sich auf 1500 Mäuse pro Saison.
Feldmäuse haben oft Laufgänge mit kleinen Löchern, während die größeren Wühlmäuse aus den Lochausgängen kleine Erdhaufen schieben. Auch die Fraßgänge sind unterschiedlich, Feldmäuse fressen stets von oben kleine Kerben in die Feldfrüchte, die Wühlmaus hinterlässt eine von unten ausgehöhlte Frucht.