Trockenheit: Tiere passen sich an

© BIO AUSTRIA/Stefanie Golser

Hitze und Trockenheit wirken sich auf Leistung und Gesundheit von Tieren sowie auf Pflanzenbestände aus. Welche Erfahrungen dabei in der Praxis gemacht wurden, zeigen Erhebungen in unterschiedlichen Regionen Mitteleuropas, so auch in Österreich.

In den letzten beiden Jahren gab es zeitweise hohe Temperaturen, teilweise verbunden mit langanhaltender Trockenheit. In dieser Zeit ging auf vielen Betrieben auch die Milchleistung zurück. In der Praxis zeigte sich aber, wo Futter und Wasser nicht begrenzt waren, dort gab es auch Ende Juli 2019 bei Temperaturen um die 35°C keine Leistungseinbußen. Auf der Fläche eines Beispielbetriebes stand ein dichter Aufwuchs, im Stall wurden 3 bis 4 kg Kraftfutter und je nach Futterangebot 1 bis 3 kg Heu gegeben, die Kühe blieben bei hohen Temperaturen um die Mittagszeit im Stall.

Wasser wichtiger als Schatten

Die Zellgehalte in der Milch zeigen, dass Betriebe heute meist besser auf Hitze eingestellt sind als noch im ausgesprochen heißen Jahr 2003. Damals kam es auf etwa der Hälfte von 91 untersuchten Bio-Milchviehbetrieben zu einem Anstieg der Zellgehalte in der Milch um das zwei-, drei- oder vierfache, was typisch für Stresssituationen ist. Ein derartiger Anstieg war in den beiden letzten Jahren seltener zu beobachten. Das ist auch gut so, denn die Erfahrungen von damals zeigen, dass es Jahre dauern kann, bis das ursprüngliche Niveau der Eutergesundheit wieder erreicht ist.
Zum Beispiel ließ ein Betrieb mit Portionsweide seine Kühe auch tagsüber auf Flächen ohne Schatten weiden. Täglich wurde jedoch ein Wasserfass neben die neu zugeteilte Portion gestellt, es gab keine Probleme mit erhöhten Zellzahlen.
Ganz anders auf Betrieben, wo die Kühe zwar im Schatten liegen konnten, bis zur Tränkestelle aber weiter gehen mussten. Das machten sie bei Hitze nicht und wenn, dann haben zuerst die Ranghöheren gesoffen, die Rangniedrigeren bekamen aber zu wenig Wasser. Denn sie schlossen sich den anderen schnell wieder an, ohne dass sie genug Wasser aufnehmen konnten. Bei diesen Tieren wurden in Folge erhöhte Körpertemperaturen gemessen.

Herbstabkalbung bevorzugen

Bei regelmäßiger Sommertrockenheit und entsprechenden Schwankungen beim Futterangebot sollte bei Weidehaltung auf saisonale Herbstabkalbung gesetzt werden. In Trockenjahren ist man dann flexibler, das zeigt auch ein weiterer Beispielbetrieb: In guten Jahren wurden um die 10.000 kg ECM/ha an Milch erzeugt, in trockenen Jahren nur die Hälfte. Nach 2018 gab es auf dem Betrieb keine Futterreserven mehr. Als nach den ersten beiden Schnitten Futterlücken absehbar waren, konnte aufgrund der Umstellung auf die Herbstabkalbung frühzeitig reagiert werden. Kühe wurden früher als geplant ausselektiert, andere wurden früher trockengestellt und kamen auf hoffernere Flächen. Das sparte Futter und die Einbußen an Milch hielten sich in Grenzen. Im Herbst kalbte die neue Generation an Kalbinnen und die ursprüngliche Kuhzahl war wieder schnell erreicht.

Pflanzenbestände gut erholt

Der Pflanzenbestand wurde bei extremer Trockenheit an mehreren Standorten zwar braun, erholte sich nach Niederschlägen aber fast überall. So auch auf vielen trockenen Standorten in Österreich. Einige Flächen waren 2018 über drei Monate braun. Nach Regen im Herbst ergrünten sie wieder innerhalb von ein bis zwei Wochen. Und das Erstaunliche: 2019 gab es auf diesen Flächen bei ausreichend Niederschlag überdurchschnittlich hohe Erträge, sowohl auf den Weiden (in Milch pro ha gemessen) als auch auf Mähwiesen.
Bei Flächenbegehungen im August zeigte sich bei einigen Flächen aber auch die Kehrseite: An sehr trockenheitsgefährdeten Standorten kann sich der Weißklee nicht halten und die Bestände sind sehr locker. Im Extremfall sind die Gräser fast vollkommen ausgefallen, sowohl bei Kurzrasenweide, bei Umtriebsweide als auch bei Schnittnutzung. Chicorée und Spitzwegerich hingegen konnten sich halten. Unter welchen Bedingungen andere Pflanzenarten zu empfehlen sind, wird auf Standorten in Deutschland derzeit getestet.

Auf Leistung achten

In Trockenzeiten sehen Kurzrasenweiden aus, als müssten die Tiere verhungern. Wer es kennt, der weiß: Nicht auf das Gras schauen, sondern auf die Tiere. Das gilt nicht nur bei der Beurteilung der Einzeltierleistung, sondern auch bei der Flächenleistung (Milch- oder Fleischertrag pro Hektar). Oft wird hier in Trockenmasse gedacht. Entscheidend ist aber nicht, wie viel auf dem Halm steht. Entscheidend ist, wie viel im Tank ist und „am Haken“ hängt. So gab es im Trockenjahr 2018 beim Vergleich von Kurzrasenweide und Umtriebsweide in den Niederlanden zwar 25 % mehr Trockenmasse auf der Umtriebsweide, bei der Kurzrasenweide aber 20 % mehr Milch. Einer der Gründe: Bei der Umtriebsweide blieb zu viel ungenutzt stehen. Dass bei höherem Wuchs (und zu üppigem Angebot) weniger Flächenleistung erzielt wird, das zeigte sich auch bei einem Versuch mit Ochsen in Gumpenstein: 20 % weniger Flächenleistung bei längerem Grasaufwuchs, weil diese doppelt so viel Weiderest hatte.

Die aktuell als Lösung bei zunehmender Trockenheit diskutierten Weidesysteme „holistic grazing“ und „mob grazing“ (damit gemeint ist im Wesentlichen die Kombination aus einem hohen Aufwuchs, der nur kurz beweidet wird und einer langen Rastzeit zwischen den Beweidungen) können aufgrund der Erfahrungen, die in den Niederlanden und Dänemark gewonnen wurden beziehungsweise der andersartigen Bestandeszusammensetzung nicht empfohlen werden. Denn zu erwarten sind: Zu niedrige Flächen- und Einzeltierleistung, schlechtere Tiergesundheit und keine Humusanreicherung, wenn nach Jahren wegen schwächer werdenden Beständen neu gesät werden muss.

Autor:

Dr. Edmund Leisen, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

In Kürze:

Bei entsprechender Wasserversorgung vertragen Tiere die Trockenheit meist gut. Bei häufiger Sommertrockenheit hat die saisonale Herbstabkalbung Vorteile. Die Pflanzenbestände erholen sich oft wieder gut. Beim Vergleich von Weidesystemen auf die Milch- beziehungsweise Fleischleistung achten. Wenn die Voraussetzungen passen, kann die Kurzrasenweide besser geeignet sein. In Vergleichen wird aktuell geprüft, welche Arten und Mischungen besser an Trockenheit bei Schnitt und Weide angepasst sind.
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