„Wer den Klimaschutz in die Hand nehmen möchte, sollte rasch auf das Gießkannenprinzip verzichten. „

Portrait Gasselich Otto
© BIO AUSTRIA / Weinfranz

Es wird heißer: BIO AUSTRIA Niederösterreich und Wien Obmann Otto Gasselich im Gespräch mit Wilfried Oschischnig (pr-manufaktur) über Klimaschutz-Stragien in der Landwirtschaft und geeignete Fördermaßnahmen.

Herr Obmann ÖkR. Gasselich, nach dem heißesten Juni in der Messgeschichte stellt sich die Frage: Braucht es eine klare Klimaschutz-Strategie für die Landwirtschaft?

Leugnen und wegschauen sind jedenfalls keine geeigneten Antworten auf die dramatischen Klimaentwicklungen der letzten Jahre. Niemand kann mehr behaupten, dass sich die Wetterextreme nicht häufen. Natürlich braucht es auch seitens der Landwirtschaft tiefgreifende Klimaschutz-Strategien und eine konsequente Umsetzung dieser. Ohne politische Scheuklappen und Ideologien! Nur ein ehrlicher, offener Blick auf das Ganze ist hilfreich: Also, welche landwirtschaftlichen Produktionsformen tragen bereits zum Klimaschutz bei und welche sind aus ökologischer Sicht verbesserungswürdig. Denn es ist nicht wurscht, wie die Böden bewirtschaftet und die Tiere gehalten werden!

Sie wünschen sich einen ehrlichen, offenen Blick auf die Landwirtschaft – aber das verlangt doch auch nach einem neuen Fördersystem, oder?

Ein ehrlicher, offener Blick ist generell wichtig. Überall. Aber bleiben wir bei der Landwirtschaft: Hier sollten man sich unbedingt vom bisherigen Gießkannenprinzip verabschieden und konsequente Schritte für eine mutige Ökologisierung der österreichischen und europäischen Landwirtschaft setzen. Das wäre im Rahmen der Neuausrichtung der Europäischen Landwirtschaft – der sogenannten GAP – immens wichtig. Man sollte die Leistungen der jetzigen Biobetriebe gebührend honorieren und nachhaltige Zukunftsperspektiven für weitere Umstellungen auf Bio ermöglichen. Vergessen wir bei den ständigen Zahlendebatten doch nicht die tausenden Biobäuerinnen und Biobauern, deren Leistungen für den Umwelt- und Klimaschutz als auch für das Tierwohl seit Jahrzehnten unbestritten sind. Diese Menschen verdienen eine besondere Wertschätzung und keine verunsichernden Förderdiskussionen!

Die „Gießkanne“ scheint allerdings das Lieblingsinstrument der Politik zu sein, welches sie nicht aus der Hand geben möchte.

Drehen wir’s besser um: Wer die Zukunft und damit den Klimaschutz in die Hand nehmen möchte, sollte rasch auf das Gießkannenprinzip verzichten. Ebenso wichtig wird es sein, dass sich alle Beteiligten einer aufrichtigen Kostendiskussion, also der Kostenwahrheit bei Lebensmitteln stellen. Welche Umweltkosten fallen in der Lebensmittelproduktion tatsächlich an? Welche landwirtschaftlichen Produktionsmethoden verunreinigen das Grundwasser und die Luft – wo ist der CO2-Ausstoß besonders hoch und das Tierleid besonders groß? Ingeborg Bachmann meinte ja – „Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar.“ – Und das ist auch die Kostenwahrheit in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion! Nur wer die Kostenwahrheit kennt, kann sich richtig entscheiden. Das gilt für ein faires System von landwirtschaftlichen Förderentgelten bis hin zum Kauf von klimaschonenden Lebensmitteln im Geschäft.