Wie unser Grünland zukunftsfähig bleibt

Viele Grünlandbestände in Österreich befinden sich derzeit in einem Wandel. Vegetationszeiten verlängern sich, Bestände trocknen aus oder entarten. Doch eine Region gleicht nicht der anderen. Jeder Standort braucht andere Lösungsansätze, um auch in Zukunft die großen Potenziale unseres Grünlandes ausnützen zu können.
Auf den Wiesen und Weiden sollte die „Ist-Situation“ erfasst werden. Nur so können Unterschiede festgestellt und die Nutzung auf einzelnen Flächen zielführend angepasst werden.
Bestand kontrollieren
Führen Sie dafür regelmäßig Bestandkontrollendurch und erheben dabei die vorkommenden Arten, den Lückenanteil und das Ertragspotenzial.
Ein Pflanzenbestand kann sich während der Vegetationszeit allerdings deutlich verändern. Streben Sie deshalb eine Feldbegehung im Frühjahr, Sommer und Herbst an. Bestände können im Frühjahr ertragreich wirken. Sind solche Wiesen im Sommer fleckenweise ausgedörrt, könnte man dies vorschnell auf ausbleibende Regenfälle zurückführen. Doch oftmals ist einfach nur eine „Entartung“ des Bestandes erkennbar. Gräser wie Gemeine Rispe und Lägerrispe können im Frühjahr schnell aufwachsen und somit einen guten Futterbestand vortäuschen. Diese Gräser wurzeln allerdings sehr flach und trocknen bei Dürreperioden leicht aus. In diesem Fall ist es nicht zwangsläufig nötig, trockenheitstolerante Arten einzusäen. Vielmehr müssen diese Lückenfüller stark gestriegelt und durch dicht und schnell wachsende Futtergräser ersetzt werden. Führen Sie die Nachsaat von beispielsweise Englischem Raygras, Knaulgras sowie Weiß- und Rotklee im Spätsommer durch. Das Anwalzen des Saatgutes erhöht die Chance einer guten Keimung zusätzlich. Regelmäßige Bestandkontrollen mit Nachsaaten steigern die Erträge und eine kurze Dürreperiode fällt nicht mehr so ins Gewicht.
Längere Vegetationszeit
Im Westen des Landes sorgt ein Anstieg der Durchschnittstemperatur für eine längere Vegetationszeit. Dies kann vor allem in höheren Lagen oder kalt-nassen Standorten für höhere Erträge sorgen. Um diesen Vorteil ausnützen zu können, ist allerdings ein Umdenken im Nutzungsregime nötig.
Bei herkömmlichen Schnittzeitpunkten wachsen Bestände ansonsten zu lange auf und die Futterqualität sinkt. Wird die Mahd häufiger durchgeführt, steigt allerdings auch der Wasser- und Nährstoffbedarf. Sollte am Betrieb nicht genügend Dünger zur Verfügung stehen, ist eine geringere Nutzung anzudenken. In diesem Fall ist es umso wichtiger, spätreife Sorten nachzusäen. Ein erhöhter Anteil an Wiesenlieschgras ist ebenfalls anzuraten, um den Futterwert weiterhin hoch zu halten.
Neue Sorten im Berggebiet
Vor allem im Berggebiet ermöglicht eine verlängerte Vegetationszeit auch eine Bestandsänderung. Bisher galt die Wiesenrispe als Königin der Futtergräser. Zum einen, da sie mit den Witterungsbedingungen im alpinen Raum gut zurechtkommt. Zum anderen, weil vor allem ertragreiche und spätreife Sorten des Englischen Raygrases (Lolium perenne) bisher oftmals nicht winterhart genug waren. Höhere Temperaturen reduzieren jedoch das Auswintern sowie das Risiko von Schneeschimmel. Die Wiesenrispe wird als robuste Art nach wie vor ein wertvolles Futtergras im Alpenraum darstellen. Der mögliche Einsatz von neuen Lolium perenne-Sorten sorgt allerdings für einen besseren Futterwert sowie einen höheren Ertrag.
Steigern Sie daher in Zukunft den Anteil im Bestand gezielt durch neue Sorten. Auch hier führt der erhöhte Ertrag oder die häufigere Nutzung zu einem erhöhten Düngerbedarf. Dieser sollte durch möglichst regelmäßige und kleine Gaben Gülle nach jedem Schnitt gedeckt werden. Durch die verfrühte erste Mahd wäre eine Düngung zu einem Zeitpunkt durchzuführen, in dem der Boden auf Grund der Nässe noch nicht befahrbar ist. Daher sind auch auf intensivem Grünland regelmäßige Kompost- oder Mistgaben im Herbst anzustreben. Die Nährstoffe werden im Frühjahr bereitgestellt, während die Auswaschungsgefahr gering ist.
Niederschlagsverteilung
Auch wenn sich die jährliche Niederschlagssumme nicht verändert, sorgen vielerorts ungünstige Niederschlagsverteilungen für Herausforderungen.
In Übergangsgebieten wechseln sich Starkregenereignisse mit Dürrephasen ab. Wenn Sie ihre Bestände nicht anpassen, steigt die Chance von ausgetrockneten Wiesen im Hochsommer. Die Nachsaat trockenheitstoleranter Arten ist aber nicht immer die Lösung. Im Frühjahr oder in niederschlagsreichen Jahren verlieren sie ihre Futterqualität schneller und der Nutzungszeitpunkt stimmt mit dem Altbestand nicht mehr überein.
Führen Dürreperioden zunehmend zu Ertragsausfällen, sollten Sie gezielt auf einzelnen Flächen den ganzen Bestand auf eine Trockenheit anpassen und somit eine Dürrereserve anlegen. Klassische Feldfutterbestände können hierfür auch auf Wiesen und Weiden angelegt werden. Luzerne, Rotklee, Knaulgras, Wiesenlieschgras und spätreife Raygras-Sorten eignen sich gut für Übergangsgebiete.
Trockengebiet
Im Trockengebiet ist das Englische Raygras kaum ertragsfähig und sollte höchstens gemeinsam mit Rotschwingel als Lückenfüller angesehen werden. In solchen Regionen ist der Einsatz von Rohrschwingel zu empfehlen. Setzen Sie dabei auf neue und weichblättrige Sorten. Ein höherer Leguminosenanteil garantiert im Trockengebiet häufig eine gute Futterqualität. Um bei Weidehaltung ein Blährisiko zu verhindern, sollten Sie Luzernebestände mit Esparsette und Hornklee ergänzen. Ein Esparsettenanteil im Bestand von etwa 25 Prozent reicht aus, um auch im Frühjahr junge Luzernebestände beweiden zu können.
Futterkräuter
Im trockenen Osten liegt der Futterwert von Gräsern deutlich unter dem üblichen Niveau des Dauergrünlandes im Rest des Landes. Neben dem Einsatz spätreifer Sorten und einem erhöhten Leguminosenanteil können auch Kräuter die Qualität verbessern. Hier sollte auf Zuchtformen von Spitzwegerich und der gewöhnlichen Wegwarte (Zichorie) gesetzt werden. Diese Futterkräuter lockern den Boden mit ihrem stark ausgeprägten Wurzelsystem und trotzen daher auch jeder Dürre. Auf Grund ihrer Inhaltsstoffe erhöhen sie die tierischen Leistungen und weisen nebenbei auch eine antiparasitäre Wirkung auf.
Nutzung und Wurzelsystem
Um zukünftigen Dürrephasen trotzen zu können, ist es auch wichtig, den Zusammenhang zwischen Nutzungsintensität und Wurzeltiefgang zu verstehen.
Generell sind Obergräser (zum Beispiel Knaulgras) Tiefwurzler. Das Wurzelsystem der Untergräser (zum Beispiel Englisches Raygras) ist dichter, jedoch auch seichter. Grundsätzlich wird ein Wechsel des Weidesystems oder der Nutzungshäufigkeit daran nichts ändern. Allerdings hat das Management einen deutlichen Einfluss darauf, wie sehr die einzelnen Arten ihr Potenzial zum Wurzeltiefgang ausschöpfen können. Etwas vereinfacht erklärt, behalten Gräser nur die Wurzelmasse, die sie auch für die Erhaltung der oberirdischen Biomasse benötigen. Daher wird nach jeder Nutzung die Wurzelmasse reduziert und der Wurzeltiefgang unterbrochen. Je häufiger eine Pflanze genutzt wird, desto weniger tief kann sie wurzeln. Im Trockengebiet empfiehlt es sich daher, die Schnitthäufigkeit zu reduzieren.
In Übergangsgebieten können Nutzungsabfolgen rotiert werden. Wiesen, in denen der Bestand gezielt länger aufwachsen kann, werden abgewechselt. Mähweiden eignen sich hierfür sehr gut. Den meist intensiv beweideten Flächen wird eine längere Ruhephase gewährt und werden erst danach geerntet.
Mit einem angepassten Pflanzenbestand und flexiblen Management ist man bestmöglich auf die verschiedensten Wetterextreme vorbereitet. Nichtsdestotrotz wird es nötig sein, seinen Betrieb ganzheitlich anzupassen. Eine gute Grundfutterverwertung und die Anpassung des Leistungsniveaus an den Standort sind wichtiger denn je.
Autor: Manuel Winter, Berater für effiziente Weidehaltung und regeneratives Grünlandmanagement
Der Artikel erschien in der BIO AUSTRIA Fachzeitung 4/2025 zum Thema „Grünland und Klimawandel“.