Delegierte beschlossen Richtlinien

Hühner auf einer Wiese
© Sonja Fuchs

Bei der Delegiertenversammlung am 13. November 2017 wurden fünf Richtlinienanträge eingebracht und positiv abgestimmt sowie zwei Vorschläge diskutiert.

Zu den aktuellen BIO AUSTRIA – Richtlinien

Delegierte BIO AUSTRIABäuerinnen und Bauern aus ganz Österreich entscheiden über jene Richtlinien im Bio-Landbau, die über den gesetzlichen Standard – das sind die EU-Bio-Verordnung und die Richtlinie des Beirats für biologische Produktion – hinausgehen.

Änderung bei der Haltung von Masthühnern

Die BIO AUSTRIAMästersprecher-Gruppe, bestehend aus bäuerlichen Vertretern von Steiermark, Oberösterreich, Kärnten und Salzburg sowie externen und internen Experten, hat einen Entwurf für die BIO AUSTRIAMasthuhnrichtlinien erarbeitet und in der Delegiertenversammlung zur Abstimmung gebracht. Die neue Richtlinie bildet die in der Praxis gelebte Realität sowie Verbesserungen im Bereich Tierwohl ab.

So wurde nun klargestellt, dass auf einem BIO AUSTRIABetrieb die Gesamtobergrenze bei Masthühner 9.600 Endmastplätze beträgt, wobei die Kükenaufzuchtplätze nicht mit eingerechnet werden. Die maximale Stallfläche von 1.350 m² darf jedoch nicht überschritten werden. Die Empfehlung, Grünauslaufflächen zu vermeiden, die mehr als 45 Meter vom Stall entfernt sind, wurde gestrichen.

Da ein ständiger Zugang zum Außenscharrraum – insbesondere in den Wintermonaten und bei Auslaufsperren – einen wichtigen Beitrag zum Tierwohl leistet, sind zukünftig Ställe mit mehr als 1.000 Endmastplätzen mit einem richtlinienkonformen Außenscharrraum auszustatten. Weiters wurde beschlossen, dass die maximal zulässigen Tageszunahmen von 40 g bei BIO AUSTRIAMasthühnern nicht überschritten werden, um zu verhindern, dass immer intensivere Mastlinien eingesetzt werden. Um das Bewusstsein für das Wohlbefinden der Masthühner zu schärfen, erheben BIO AUSTRIABetriebsleiter von Betrieben mit mehr als 1.000 Endmastplätzen jährlich das Tierwohl mittels dem BIO AUSTRIALeitfaden Tierwohl Geflügel. Darüber hinaus wird die Evaluierung gemeinsam mit externen Fachleuten (Berater, Tierärzte, Geflügelhalter mit nachgewiesener Tierwohlschulung) in regelmäßigen Abständen durchgeführt.

Diese Richtlinienpunkte werden mit 01.01.2018 gültig und wurden mehrheitlich angenommen.

Ergänzung beim Tierzukauf von Legehennen

Seit Jänner dieses Jahres kaufen BIO AUSTRIABetriebe ausschließlich Bio-Legehennen ein, von denen die männlichen Legehybridküken („Brüder“) nach den Richtlinien des Bio-Beirates (vormals Codexkapitels A8) aufgezogen werden.
Diese grundsätzliche Richtlinie wurde bei der Delegiertenversammlung wie folgt ergänzt:
Bei Spezial- und Alternativlinien wie beispielsweise Grünleger, Sperber, Sussex oder Zwerghühnern werden die Brüder der Legehennen jedoch oft nicht aufgezogen. Um die Artenvielfalt auf BIO AUSTRIA Betrieben zu erhalten, soll daher ein Zukauf von solchen Legehennen bis zu maximal 50 Stück pro Jahr zulässig sein. Sobald jedoch von der Rasse beziehungsweise einer anderen Linie die Brüder aufgezogen werden, dürfen nur mehr Legehennen mit Aufzuchtsbestätigung zugekauft werden.

Der ergänzende Richtlinienpunkt wird mit 01.01.2018 gültig und wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Kennzeichnung von Produkten aus Wildsammlung

Die EU-Bio-Verordnung regelt, wann essbare Wildpflanzen – z.B. Pilze, Holunder, Beeren usw., die in der freien Natur, im Wald oder auf landwirtschaftlichen Flächen natürlicherweise vorkommen, gesammelt werden dürfen. So dürfen diese Flächen nachweislich in den letzten drei Jahren vor dem Sammeln der Pflanzen nur mit im Bio-Landbau erlaubten Mitteln behandelt worden sein. Zudem darf die Sammlung die Stabilität des natürlichen Lebensraumes und die Erhaltung der Arten im Sammelgebiet nicht beeinträchtigen. Die Sammelgebiete unterliegen weiters einer jährlichen Bio-Kontrolle. Auf dem Bio-Zertifikat sind diese Wildsammlungsprodukte als solche angeführt.
BIO AUSTRIA ist es wichtig, dass die Konsumenten erkennen können, ob es sich um kultivierte oder wild gesammelte Bio-Zutaten handelt. Daher beschlossen die Delegierten, dass auf BIO AUSTRIAProdukten zukünftig die Wildsammlung wie folgt zu deklarieren ist:
Bei Monoprodukten, das sind Produkte die ausschließlich aus Wildsammlung bestehen, erfolgt dies bei der Sachbezeichnung – z.B. „Bio-Thymian aus Wildsammlung“. Bei zusammengesetzten Produkten in der Zutatenliste, z.B. Bio-Holunderblütensirup: Zutaten: Bio-Holunderblütenextrakt*, Bio-Zucker, Zitronensäure *aus kontrolliert biologischer Wildsammlung – Hinweis auf Beispiel bei Fragen & Antworten.
Diese Richtlinie wurde mehrheitlich angenommen und ist mit 01.01.2018 gültig.
Zur Kennzeichnung von Produkten aus Wildsammlung wurde ein BIO AUSTRIABeratungsblatt erarbeitet, das hier als Download zur Verfügung steht.

Produktion von Sprossen und Keimlingen

Für die BIO AUSTRIASprossen- und Keimlingsproduktion wurden die wesentlichen Eckpunkte wie die Herkunft der Ausgangsmaterialien und die Beschaffenheit der Substrate definiert. So sind zukünftig ausschließlich Bio-Saatgut oder vegetatives Vermehrungsmaterial und BIO AUSTRIAtaugliche Substrate für die Sprossenproduktion einzusetzen. Auf synthetische Trägermaterialien wie z.B. Styropor, Steinwolle muss verzichtet werden.

Die Richtlinie wird mit 01.01.2018 gültig. Dieser Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Primärer Einsatz von BIO AUSTRIASaatgut

Da eine Entwicklung der BIO AUSTRIAQualität im Saatgutbereich nur in Gang kommen kann, wenn damit begonnen wird, diese Qualität auszuloben und BIO AUSTRIASaatgut von den Biobauern nachgefragt wird, stammt zukünftig Bio-Saatgut primär von BIO AUSTRIAzertifizierten Betrieben.

Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen und ist ab 01.01.2019 gültig.

Diskutiert, aber nicht abgestimmt

Zwei weitere Richtlinienpunkte, die derzeit in Entwicklung sind, wurden vorgestellt und diskutiert. In der Arbeitsgruppe Legehennenhaltung wird eine Verringerung der Mindestauslauffläche von 10 auf 8 m²/Tier diskutiert, unter der Voraussetzung, dass die Auslaufläche besser strukturiert wird. Die Arbeitsgruppe Direktvermarktung bespricht ein Verbot der Zusatzstoffe Gellan und Erythrit für BIO AUSTRIAProdukte, den verpflichtenden Bio-Einsatz von bisher konventionell zulässigen landwirtschaftlichen Zutaten wie beispielsweise Fruktose, Oblaten oder Gelatine sowie eine praxistauglichere Variante beim Einsatz von Bio-Fleisch, Bio-Getreide, Bio-Milch, Bio-Eier, Bio-Kartoffel und Bio-Mais.

Fragen und Antworten

Was ist, wenn ich Masthühnern mehr Stallfläche als nötig anbiete?

Zusätzliche Stallfläche wird bei der Berechnung der maximal zulässigen Stallfläche von 1.350 m² nicht mit einbezogen, sondern ausschließlich die auf die Tieranzahl bezogene gesetzlich vorgeschriebene Mindeststallfläche. Dies sind in der Endmast 10 Tiere/m² bzw. 12 Tiere/m² bei Ställen mit einem richtlinienkonformen Außenklimabereich sowie in der Vormast bis zu maximal 35 Tiere/m² bzw 21 kg/m².

Wie gehe ich am besten bei der Tierwohl-Evaluierung vor?

Mit dem Leitfaden „Tierwohl Geflügel“ können Sia als Tierhalter das Wohlergehen der Tiere selbst einschätzen und die betriebliche Situation erheben. Sie erhalten den Tierwohl-Leitfaden Geflügel sowie den Erhebungsbogen auf der BIO AUSTRIAHomepage oder bei Ihrem Landesverband. Die ausgefüllte Checkliste übermitteln Sie an BIO AUSTRIA (office@BIO AUSTRIA.at) oder schicken diesen mit der Post. Um Sie bestmöglich zu unterstützen, werden wieder Tierwohl-Schulungen für Geflügelhalter angeboten.

Was muss ich im nächsten Jahr beim Zukauf von Bio-Saatgut berücksichtigen?

Die Richtlinie gilt ab 2019. Ziel ist, dass zukünftig BIO AUSTRIASaatgut ausgelobt wird, wenn die Anforderungen erfüllt werden. Da derzeit jedoch nicht ausreichend BIO AUSTRIASaatgut verfügbar ist, bleibt beim Bio-Saatguteinkauf 2018 alles gleich.

Wie ist die Bio-Wildsammlung zu kennzeichnen und ab wann?

Wenn für BIO AUSTRIAProdukte biozertifizierte Wildsammlung verwendet wird, muss dies ab 1. Jänner 2018 gekennzeichnet werden. Bestehende Etiketten dürfen aufgebraucht werden. Wenn zum Beispiel die Bio-Holunderblüten für BIO AUSTRIASirup am Bio-Zertifikat als Wildsammlung ausgewiesen werden, müssen diese im Zutatenverzeichnis zusätzlich als Wildsammlung deklariert werden.

Weitere Informationen

Bei Fragen zu den neuen Richtlinienbeschlüssen kontaktieren Sie die Berater in den Landesorganisationen

Kontakt

  • DI Doris Hofer M.A.

    BIO AUSTRIA, Landwirtschaft
    Qualitätsmanagement Landwirtschaft
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