Mähen und düngen

© Christoph Stumm
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Viehlose Betriebe können Futterleguminosen in den Betriebskreislauf integrieren, indem diese von einem Geber- auf ein Nehmerfeld transferiert werden. Was dieses System, bekannt als Cut & Carry, bringt und wo die Grenzen liegen, lesen Sie nachfolgend.

Das Ideal eines weitgehend in sich geschlossenen Betriebsorganismus mit innerbetrieblicher Sicherung einer dauerfähigen Humus- und Stickstoffversorgung hat im Bio-Landbau einen hohen Stellenwert. Dennoch ist die Zahl der Betriebe, die ohne Tierhaltung wirtschaften, in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Bio-Betriebe, die aufgrund fehlender Tierhaltung, insbesondere von Wiederkäuern, auf die Nutzung von Futterleguminosen als hochwertige Futter- und damit auch Stallmistquelle verzichten müssen, können den Kreislauf durch überbetriebliche Futter-Mist-Kooperationen schließen oder die Sprossmasse durch Einspeisung in Biogasanalgen zur Energieproduktion nutzen, wobei die Gärreste zusätzlich einen wertvollen Dünger darstellen.
Innerbetrieblich bietet neben der Kompostierung der direkte Transfer des Aufwuchses von einem Geber- auf ein Nehmerfeld – mittlerweile unter dem Schlagwort „Cut & Carry“ bekannt – eine weitere Option, die Nutzung von Futterleguminosen auch für viehlose Betriebe interessanter zu gestalten. Die Sprossmasse kann auch siliert werden, dabei entstehen zwar zusätzliche Kosten, die Ausbringung wird jedoch zeitlich flexibler.

Leguminosen sind die Kulturen mit der höchsten symbiotischen Stickstofffixierungsleistung und Humusreproduktion. Bei regelmäßigem Schnitt fördern sie das Bodenleben, reduzieren die Verunkrautung und steigern die Erträge in den Folgefrüchten. Wird auf ihren Anbau verzichtet, können deutliche Defizite in der Humusbilanz die Folge sein. Den Aufwuchs von Klee- und Luzernegras zu mulchen, ist unproduktiv, denn es hat zur Folge, dass die Knöllchenbakterien bis zur Hälfte weniger Stickstoff fixieren. Gleichzeitig steigen die Lachgasemissionen im Vergleich zur Schnittnutzung deutlich an und der Mehrwert der Sprossmasse bleibt ungenutzt.

Zur Unkrautkontrolle

Bei der Nutzung von Cut & Carry in der Praxis wird Kleegras, ob als frischer Spross oder als Silage, von einem Geber- auf ein Nehmerfeld transferiert und dort entweder als Dünger eingearbeitet oder oberflächig ausgebracht, um das Unkrautwachstum zu reduzieren. Dazu werden Futterleguminosen möglichst direkt nach dem Schnitt mit dem Feldhäcksler aufgenommen, zerkleinert und frisch mit einem Kompoststreuer ausgebracht, da sich Kleegras mit zunehmender Welke deutlich schlechter breitwürfig verteilen lässt. Unseren Beobachtungen nach, „fliegen“ Rotklee und Luzerne in Reinsaat am besten. Zur Düngung eignen sich besonders junge Bestände mit engem C/N-Verhältnis. Wichtig ist dabei eine kulturarten- und standortabhängige bedarfsgerechte Dosierung. Die oberflächige Ausbringung von frischem Kleegras beziehungsweise von Kleegrassilage reduzierte in den eigenen Versuchen die Verunkrautung signifikant. Auflagestärken von mindestens 5 cm haben sich dabei bewährt. Ebenso wie bei der Düngung müssen auch hier die gesetzlich zulässigen Stickstofffrachten beachtet werden.

Ertrag und Qualität sichern

Nachdem erste Versuche auf tiefgründigen Lößböden im Rheinland nur tendenzielle Ertragsvorteile für die gedüngten Varianten brachten, waren die Kornerträge von Winterraps auf einem sandigen Standort am Fuße des Teutoburger Waldes in zwei Versuchsjahren nach organischer Düngung mit Kleegras, Silage sowie Luzerne- und Haarmehlpellets signifikant höher als in der ungedüngten Kontrolle. In starkzehrenden Gemüsekulturen wurde durch die Düngung mit Kleegrassilage nicht nur der Ertrag gesteigert, sondern auch die Vermarktungsqualität sichergestellt. Durch die Düngung mit Haarmehl- aber auch mit Luzernepellets wurde ein vermarktungsfähiger Anteil von über 80 % erzielt. Signifikant weniger, jedoch mit 70 % immer noch zufriedenstellend, war der erzielte Anteil verkaufsfähiger Ware durch eine Düngung mit Silage beziehunsgweise Biogasgülle. Lediglich die Kontrolle ohne Düngung wäre mit unter 30 % wirtschaftlich unrentabel gewesen. Im zweiten Versuchsjahr bestätigten sich die Ergebnisse tendenziell, jedoch war die Kontrolle auf einem etwas besseren Schlag kein Komplettausfall mehr.

Aus Fehlern lernen

Fehler sind in der Versuchsbetreuung alles andere als willkommen. Jedoch zeigten gerade diese, worauf bei der Nutzung von Cut & Carry besonders geachtet werden muss. Im zweiten Versuchsjahr mit Winterraps konnte der Dünger witterungsbedingt erst am Tag der Saat eingearbeitet werden. Dadurch lief der Raps in der Silage-Variante stark verzögert auf, entsprechend niedrig war der Ertrag. Dieser Effekt einer Keimhemmung durch Silage wurde auch von Praxisbetrieben bei unzureichender Einarbeitung an jungen Gemüsepflanzen beobachtet. Durch kontinuierliche Messung im Oberboden wurde eine pH-Wert-Veränderung als Ursache ausgeschlossen. Wer also Silage als Dünger einsetzen möchte, sollte diese unbedingt mehrere Tage vor Aussaat oder Pflanzung gründlich einarbeiten. Dazu haben sich in der Praxis bislang nur Pflug oder Fräse hinreichend bewährt.
Wie wichtig die Qualität des Schnittgutes als Dünger ist, zeigten die Ergebnisse des zweiten Versuchsjahrs mit Blumenkohl. Eine Silage mit einem sehr weiten C/N-Verhältnis über 20 führte selbst bei einer Strickstofffracht von über 200 kg zu Nährstofffestlegung und damit Totalausfall in dieser Variante. Fast alle untersuchten Kulturen haben die teilweise sehr hohen Stickstoffgaben ertragswirksam umgesetzt, so dass sich nach der Ernte nur in wenigen Versuchen erhöhte Nitratwerte im Boden befanden. Dennoch ist auch mit betriebseigener Sprossmasse auf eine bedarfsgerechte Düngung zu achten. Können die Kulturen die angebotenen Stickstoffmengen nur ineffizient aufnehmen, sind insbesondere Flächen nach später Gemüseernte und damit verbundener Winter-Schwarzbrache, sowie generell flachgründige und leichte Böden besonders auswaschungsgefährdet.

Lachgasemissionen halbiert

Ebenfalls untersucht wurden von 2013 bis 2015 die Lachgasemissionen auf dem Versuchsbetrieb Wiesengut der Universität Bonn. Dabei wurden besonders nach Starkregenereignissen hohe Emissionen in allen organisch gedüngten Varianten, also auch nach Cut & Carry gemessen. Es hat also auf den ersten Blick den Anschein, dass die Lachgasemissionen nur mit dem Transfer des Futterleguminosensprosses vom Geber- auf das Nehmerfeld verlagert wurden. Dabei würde man jedoch vergessen, dass die Lachgasemissionen durch die Schnittnutzung auf dem Geberfeld minimiert wurden, während im alten System „Mulchen plus organischer Zukaufsdünger“ sowohl auf der Kleegrasfläche nach dem Mulchen als auch auf der gedüngten Fläche hohe Lachgaswerte auftraten.

Wirtschaftlichkeit

Ein großer Vorteil besteht in der Möglichkeit, ohne Investitionsaufwand das System Cut & Carry zu testen, da die Schnittnutzung von Futterleguminosen als Dünger mittels Lohnunternehmer (Schnitt, Feldhäcksler und Kompoststreuer beziehungsweise Siloballenpresse) jederzeit dem betrieblichen Bedarf angepasst werden kann. Geht man in mittleren Kleegrasbeständen von mindestens 50 kg N je Hektar und Schnitt aus, kostet die Schnittnutzung mit anschließender Ausbringung als Dünger gegenüber dem Mulchen eines Kleegrasbestands nur etwa 2,50 Euro mehr je fixiertes Kilogramm Stickstoff, und ist damit nur etwa halb so teuer wie organischer Handelsdünger.

Empfehlungen für die Praxis

Auch viehlose Bio-Betriebe sollten auf die bodenfruchtbarkeitsfördernde Wirkung von Futterleguminosen in keinem Fall verzichten. Dabei ist die Schnittnutzung dem Mulchen vorzuziehen, um auf dem Geberfeld die Stickstofffixierung zu optimieren, Lachgasverluste zu minimieren und gleichzeitig die Erträge, besonders auf nährstoffärmeren Nehmerflächen, zu steigern. Primär sollten Futterleguminosen natürlich als wertvolles Futter dienen, welches bei fehlender eigener Tierhaltung außerbetrieblich über eine Mistkooperation in den Betriebskreislauf rückgeführt werden kann. Ähnliches gilt, wenn die Sprossmasse in Biogasanlagen eingespeist wird. Betriebsintern bietet die Nutzung von Sprossmasse als Dünger die Möglichkeit, den Anbau der Futterleguminosen auf dem Geberfeld hinsichtlich Stickstofffixierleistung und Lachgasverlusten zu optimieren und gleichzeitig die Erträge, besonders auf nährstoffärmeren Nehmerflächen zu steigern. Dabei ist unbedingt auf eine saubere Einarbeitung mit Pflug oder Fräse zu achten. Das C/N-Verhältnis des Sprosses sollte bei Düngernutzung möglichst nicht weiter als 15 sein. Wird der Aufwuchs oberflächig ausgebracht, kann auch die Verunkrautung signifikant reduziert werden. Mit diesem neuen Ansatz kann somit auch im viehlosen Bio-Betrieb das Ideal eines weitgehend in sich geschlossenen Betriebskreislaufs aufrechterhalten werden.

Autor:

Christoph Stumm, Leitbetriebe Ökologischer Landbau NRW, Universität Bonn
Der Artikel ist erstmals erschienen in: Lebendige Erde, 2/2019