Schweinehaltung: auswerten, denken und handeln

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Die Ziele eines Bio-Schweinehalters sind es, gesunde Tiere bei möglichst hoher Arbeitszufriedenheit aufzuziehen und damit ein zufriedenstellendes Einkommen zu erwirtschaften. Ohne entsprechendes Management des Bestandes, der Arbeitsabläufe und der Betriebsmittel wird es schwierig, diese Ziele zu erreichen.

Unter aktuellen Marktgegebenheiten erwirtschaftet ein Bio-Ferkelproduzent eine durchschnittliche Direktkostenfreie Leistung (DfL) von etwa 1300 Euro je Sau und Jahr und ein Bio-Schweinemäster 65 Euro je Mastschwein (Modellbetrieb LK NÖ). Damit müssen die Arbeitsentlohnung sowie die Abschreibung für den Stallplatz und kalkulatorische Zinsen für das gebundene Kapital finanziert werden. Während einige Betriebe kaum die Hälfte der genannten DfL erreichen, gibt es auch Spitzenbetriebe, welche die doppelte DfL erbringen. Den Unterschied machen oft nur Kleinigkeiten aus, welche erst bei genauerer Betrachtung auffallen und sehr betriebsindividuell sein können. Auf Basis einer Betriebszweigauswertung können anhand der Ergebnisse Stärken und Schwächen festgestellt werden. Daraus lassen sich Möglichkeiten für Anpassungen im Management ableiten.

Aufzeichnungen nutzen

Viele Daten sind bei Schweinehaltern ohnehin bereits vorhanden und warten nur darauf, genutzt zu werden. Fruchtbarkeitsdaten der Sauen sowie Verluste müssen laut Schweinegesundheitsverordnung dokumentiert werden. Schlachtdaten der Mastschweine werden von der Österreichischen Fleischkontrolle (ÖFK) gespeichert und sind meist schon am Schlachttag für den Landwirt einsehbar. Beim Auswerten der gesammelten Daten sind in der Schweinemast Excel-Anwendungen, häufig selbst gebastelt, weit verbreitet. Allerdings bieten auch viele Fütterungscomputer bereits die Möglichkeit für biologische und ökonomische Auswertungen.

Schweinehaltung 4.0

Moderne Managementprogramme werden vor allem in der Ferkelproduktion immer häufiger eingesetzt. Sauenplaner beispielsweise können heute nicht nur biologische Leistungsdaten aufzeichnen und auswerten, sondern auch bei der Rationsberechnung, Deckungsbeitragsberechnung oder Medikamentenaufzeichnung unterstützen. Arbeits- und Impfpläne helfen dabei, den Überblick über den Arbeitsalltag nicht zu verlieren. Nebenbei liefern die Programme vielfältige Auswertungsmöglichkeiten, welche zum Beispiel die Remontierung erleichtern oder Verlustursachen aufdecken. Onlinelösungen ermöglichen den direkten Vergleich mit Berufskollegen und können zum Teil einfach per Handy direkt im Stall bedient werden. Besonders digitalisierte Schweinehalter arbeiten bereits mit Kameras, die Bucht und Tier überwachen oder können das Einzeltier per elektronischer Ohrmarke von der Geburt bis zum Schlachthaken verfolgen. Die Vernetzung aller gesammelten Daten kann allerdings nur Aufschlüsse über Stärken und Schwächen am Betrieb geben. Sie nutzt wenig, wenn man davon nicht Managementanpassungen ableitet und diese auch umsetzt! Grundsätzlich ist es egal, ob die Daten von komplexen Managementprogrammen oder aus handschriftlichen Aufzeichnungen stammen.

Zuerst das Notwendige

Bevor man beginnt, an kleinen Schrauben zu drehen, sollte man sich auf die Kernbereiche konzentrieren und den eigenen Betrieb einschätzen lernen. Die meisten Landwirte haben die eine oder andere Kennzahl, welche ihnen als Orientierung dient, ohnehin parat. Ein Beispiel dafür sind die verkauften Tiere je Betrieb und Jahr oder der Jahresumsatz. Ist die Sauen- beziehungsweise Mastschweineanzahl relativ konstant, zeigen diese Zahlen, was man aus dem Potential des Stalls herausgeholt hat und lassen teilweise Rückschlüsse auf die biologischen Leistungen im Betrieb zu.

Jedes Ferkel zählt

Wer als Sauenhalter keine Ferkel produziert, wird kaum erfolgreich sein. Anzustreben sind mehr als 11,5 lebend geborene Ferkel je Wurf und weniger als 20 % Saugferkelverluste. Für mehr als zwei Würfe je Sau und Jahr sollten die Umrauscher unter 10 % liegen. Damit müsste man mehr als neun Ferkel je Wurf absetzen und am Ende des Jahres mehr als 18 Ferkel je Sau und Jahr verkaufen können.
Jedes zusätzlich verkaufte Ferkel erhöht den Deckungsbeitrag um etwa 130 Euro. Setzt man 20 Euro Stundenlohn an, können damit zum Beispiel 6,5 Stunden zusätzliche Arbeit entlohnt werden. Ausgehend von 30 Arbeitskraftstunden je Zuchtsau und Jahr bedeutet das, dass 20 % mehr Arbeitsentlohnung finanziert werden können. Zeit im Stall zu verbringen, kann sich durchaus lohnen, wenn man bedenkt, dass etwa 80 % der Saugferkelverluste in der ersten Lebenswoche passieren. Ungefähr 50 % der Verluste entstehen durch Erdrücken sowie weitere 30 % durch Kümmern beziehungsweise Verhungern. Liegt bereits ein Problem bei den lebend geborenen Ferkeln vor, kann es sich lohnen, mehr Augenmerk auf das Brunstmanagement zu legen. Läuft es beim Absetzen nicht rund, braucht es Anpassungen im Absetzmanagement.

Jedes Kilo zählt

Wer in der Schweinemast beim Schlachtgewicht oder beim Magerfleischanteil (MFA) zu niedrig liegt, wird kaum einen ausreichenden Erlös erwirtschaften und finanziert nur Ferkel- sowie Futtermittelproduzenten. Ziel sollten etwa 105 kg Schlachtgewicht bei mehr als 58,5% MFA und über 750 g Tageszunahmen sein. Unter 1,5 % Verluste sorgen für geringe Ausfallkosten und sind ein Hinweis auf hohe Tiergesundheit.
Jedes zusätzliche Prozent MFA bringt etwa 4 bis 5 Euro Erlös je Mastschwein und jedes weitere kg Schlachtgewicht 1,5 bis 2 Euro höheren Grenznutzen. Voraussetzung ist, dass die Anzahl übergewichtiger Tiere mit mehr als 130 kg Schlachtgewicht nicht steigt und sich die Futterverwertung über die gesamte Mastdauer nicht wesentlich verschlechtert. 5 kg Schlachtgewicht und 1 % MFA können also 15 Euro Unterschied zwischen zwei Mastschweinen ausmachen. Bei hohen Stallplatzkosten kann das jener Teil der DfL sein, der als Arbeitsentlohnung bleiben würde. Zur Vermeidung von Fehleinschätzungen kann das Wiegen einzelner Tiere vor der Anmeldung zur Schlachtung empfohlen werden. Bei zu geringem MFA muss die Ursache im Fütterungsmanagement, der Tiergesundheit und der Genetik gesucht werden.

Kostenstruktur beachten

Der Erlös spiegelt nur eine Seite der Medaille wider. Wer seine Kosten nicht im Griff behält, kann schnell von selbigen überrollt werden. Auch wenn in der Mast die Futtermengen je Tier etwa dreimal so hoch sind wie in der Ferkelproduktion, „fressen“ die Futterkosten in beiden Bereichen zwischen 30 und 45 % vom Erlös und sind damit der größte Kostenfaktor. In der Ferkelaufzucht spielt die Ferkelfuttermenge bis zum Verkauf eine entscheidende Rolle. Es sollten nicht mehr als 47 kg Ferkelaufzuchtfutter je Tier benötigt werden, bis ein Ferkel 31 kg wiegt. Das gelingt nur, wenn bereits das Absetzgewicht stimmt. Um festzustellen, ob die eigenen Ferkel am 42. Lebenstag bereits ein Durchschnittsgewicht von mehr als 12 kg erreicht haben, kann sich der Weg zur Waage durchaus lohnen. Fehlen 2 kg Absetzgewicht, benötigt man etwa 5 kg mehr Futter je Ferkel. Je Sau und Jahr macht das 50 bis 100 Euro zusätzliche Futterkosten.
In der Mast sollte der Futteraufwand je kg Zuwachs nicht höher als 3,5 kg sein. Nur 0,1 kg mehr Futter pro kg Zuwachs bedeuten 11 kg mehr Futteraufwand und zusätzliche Kosten von 4 bis 5 Euro je Mastschwein. . Entscheidenden Einfluss haben die Futterqualität und die Kosten je Tonne Mischfutter. Hier gilt es, die richtige Balance zu finden.

Bio und Leistung

Leistung wird in der Bio-Produktion nicht immer positiv beurteilt. In manchen Fällen, wie zum Beispiel bei einer Verlängerung der Säugezeit, kann es durchaus sinnvoll sein, auf ein wenig Leistung bewusst zu verzichten, um Druck aus dem System zu nehmen. Häufig geht Leistung aber mit Tiergesundheit und Tierwohl Hand in Hand. Es besteht ein großer Unterschied zwischen einer bewusst „extensiven Produktionsausrichtung“ und fehlender Leistung aufgrund von schlechtem Management.

Ressourcen richtig einsetzen

Die Grundlage für funktionierendes Management wird bereits mit einem gut strukturierten und arbeitswirtschaftlich abgestimmten Stallplatz gelegt. Bei Neubauten kostet die Afa für den Stall häufig bereits über die Hälfte der DfL. Gerade in neuen Ställen sollte die Leistung deshalb eher überdurchschnittlich sein Das tritt aber keinesfalls automatisch ein, nur weil der Stall neu ist. Technisierung kann beim Management unterstützen, indem Zeitressourcen freigemacht werden, die in anderen Bereichen benötigt werden. Gleichzeitig wird dabei aber auch Kapital gebunden, welches zur Arbeitsentlohnung herangezogen werden könnte. Deshalb ist es besonders wichtig, die eigenen Stärken, Schwächen und Bedürfnisse genau zu kennen, um Ressourcen dorthin zu lenken, wo diese den meisten Nutzten bringen. Fehlt Know-how oder Interesse an gewissen Arbeiten, macht es Sinn intensive Beratung in Anspruch zu nehmen oder wenn möglich, Arbeiten auszulagern. Das kann zum Beispiel bei der Futterbereitung oder der Jungsauenproduktion der Fall sein.

Besser werden

Moderne Unternehmen investieren einen Teil ihrer Ressourcen in Weiterentwicklung. Maßnahmen, welche sich als unwirksam erweisen, werden nicht längerfristig umgesetzt. Eine objektive professionelle Beurteilungsfähigkeit setzt kontinuierliches Arbeiten mit den eigenen Kennzahlen voraus. Wenn Sie nach dem Lesen dieses Artikels Ihre persönlichen Daten sammeln, auswerten, daraus die richtigen Schlüsse ziehen und auch danach handeln, haben Sie als landwirtschaftlicher Unternehmer bereits den ersten Schritt ihrer Weiterentwicklungsarbeit geleistet.

DI Helmuth Raser, LK Niederösterreich