Innovativ und kreativ vermarkten
„Kurz ums Eck“ heißt der Selbstbedienungs-Laden von Julia und Bernhard Kurz mitten in der Marktgemeinde Hürm im Mostviertel. In der Milchverarbeitung und Vermarktung setzt Julia ihre ganze Kreativität ein.
Nomen est Omen, am Bio-Betrieb von Bernhard und Julia Kurz gehören kurze Wege zur Betriebsphilosophie. 2016 war für sie ein Jahr der Veränderung, mit dem Start der Direktvermarktung haben sie auch auf biologische Landwirtschaft umgestellt, seit rund einem Jahr sind sie nun Vollerwerbsbauern. Regionalität ist ein zentrales Thema für sie, in allen Belangen versuchen sie danach zu handeln. „Ich bin der Meinung, dass dies die wahre Stärke von uns Bäuerinnen und Direktvermarktern ist und dadurch stärken wir auch unser Umfeld. Werden die Zutaten nämlich nicht über einen Großhändler bezogen, sondern findet man diese auch in unmittelbarer Nähe bei einem Berufskollegen, dann hat dies viele Vorteile: Man sieht sich nicht als Konkurrenten, sondern als Partner, man investiert Geld in die eigene Branche und Verkehrswege sind absolut reduziert“, so die Biobäuerin.
Nähe ist wichtig
Bio aus der Region hat auch ein Alleinstellungsmerkmal in der Vermarktung. Ein Beispiel: Bei Kurz ums Eck gibt’s auch Milchreis, jedoch nicht von irgendwo, sondern den Bio-Dinkel-Reis vom benachbarten Bio-Hof Heher. Jedesmal, wenn Julia den Dinkelreis holt, freut sie sich, dass die Wertschöpfung im Ort bleibt. Vieles für die Fruchtzubereitungen kommt aus dem eigenen Obstgarten, Heidelbeeren, Pfirsiche von Biobauern in der Umgebung. Julia verwendet die Rohstoffe, die erhältlich sind. So kommt es ihr auch nicht in den Sinn, ein Mango- oder Vanille-Joghurt herzustellen. In der Vermarktung zählt auch die Nähe zu den Kunden, so meinte eine Nachbarin: „Eine km-freie Milch, das ist ein besonderes Geschenk.“
Nach außen auftreten
Julia war Grafikerin, bevor sie in den landwirtschaftlichen Betrieb eingeheiratet und die Ausbildung zur landwirtschaftlichen Facharbeiterin absolviert hat. Neben der Melkarbeit, die sie mit ihrem Mann Bernhard erledigt, und der Milchverarbeitung gehört daher auch der Außenauftritt des Betriebes zu ihrem Aufgabenbereich. Für Julia ist dieser sehr wichtig: „Er muss vor allem ansprechend und stimmig sein. Das beschränkt sich nicht nur auf die Etiketten, das beginnt mit der Wahl des Verpackungsmaterials, geht über die Gestaltung der Verkaufsstelle bis hin zum Erscheinungsbild des gesamten Hofs. Wenn der Kunde sich beim Betreten des Ladens schon unwohl fühlt, wird die Etikette das nicht mehr gut machen.“
Alle Produkte werden im Glas mit einem Pfandsystem angeboten. Die Gläser wurden mit von Julia entworfenen Motiven großflächig bedruckt. Das ist nicht billig, war es ihnen aber wert, denn es erleichtert die Erkennbarkeit der eigenen Flaschen und Gläser und ist eine Werbung.
In andere Werbemaßnahmen wurde nichts investiert, das ist auch nicht notwendig, die Kunden kommen von selbst. Die Mund-Propaganda funktioniert bestens.
Energie kommt zurück
Auf die Frage, wie sie die viele Arbeit als zweifache Mutter bewältigt, antwortet Julia: „Naja, grundsätzlich bin ich ein Mensch, der immer was tun muss. Wenn es einmal zu viel wird, dann hilft es mir, die vielen Vorteile meines Berufes zu sehen, ich kann Sinnvolles tun, unseren Kindern Werte vermitteln, einen kleinen Beitrag für das Klima leisten. Was mir aber so einen richtigen Energieschub gibt, das sind die wertschätzenden Kunden, die sich fast dafür bedanken, dass sie unsere Produkte genießen können. Das ist wirklich Balsam für die Seele.“
Julia und Bernhard Kurz, Hürm, NÖ
22 ha Acker, 3 ha Grünland; zusätzlich bewirtschaften sie 4 h Acker und 4 ha Grünland von Julias Eltern
16 Milchkühe, muttergebundene Kälberaufzucht
Aufzucht sämtlicher Jungtiere für Nachzucht beziehungsweise Mast
Direktvermarktung von Getreide, Fleisch und Milchprodukten
80 % der Milch wird selbst verarbeitet
Verkauf in Greißlereien und Bauernläden; ab Hof werden die Produkte in einem Kühlschrank angeboten, der Tag und Nacht zugänglich ist.