Puten brauchen Beschäftigung
Andreas Hager ist Biobauer in Ried in der Riedmark in Oberösterreich. Über Jahre hinweg hat er auf seinem Hof viele Erfahrungen mit der Bio-Putenhaltung gesammelt. Außerdem betreut er den von BIO AUSTRIA angebotenen Lehrgang Bio-Geflügelpraktiker.
Was kannst du Biobauern mitgeben, die sich für die Putenhaltung im kleineren Rahmen interessieren? Was ist in Hinblick auf das Stallgebäude entscheidend?
Hager: Egal ob Neubau oder Nutzung eines alten Gebäudes, da gibt es vor allem einen wichtigen Punkt: Sauberkeit ist in der Putenhaltung das A und O – von der Trinkwasserqualität, sauberen Tränkern, dem Futter und Fütterungssystem, der Lüftung und Luftzufuhr bis zum obligaten Schuhwechsel. Die Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind in den ersten Wochen ein Schlüssel zum Erfolg. Ich plädiere für eine Bodenplatte aus geglättetem Beton. Die ist wesentlich schneller und gründlicher zu waschen als normaler Beton, wo in den Rillen immer Schmutz hängen bleibt. Holz ist zwar oft rasch verfügbar, langfristig gesehen hat dieser Baustoff oft seine Tücken. Auch die Wände sollten gut waschbar sein. In alten Kuhställen findet man oft Fliesen an den Wänden, das ist ideal. Auch ein abwaschbarer Anstrich funktioniert gut.
Was ist beim Auslauf zu beachten?
Es ist vor allem darauf zu achten, dass es dort keine staunassen Flächen gibt. Pfützen können schnell zum Hygieneproblem werden. Rund um den Stallausgang sollte der Boden befestigt werden – mit Schotter, Beton oder regelmäßig gewechselten Holzschnitzeln. Beschattung im Auslauf ist wichtig, aber erst ein paar Meter weg vom Stall.
Wenn man nach dem Rein-Raus-Verfahren arbeitet, dann gibt es automatisch eine Zeit der Weideruhe. Wenn ständig Tiere unterschiedlichen Alters im Stall sind, empfiehlt sich für die Weide eine Koppelung.
Bei der Haltung kleinerer Tierbestände wird oft aus wirtschaftlichen Gründen weniger auf Automatisierung gesetzt und dafür mehr mit der Hand gemacht.
Wenn ich nur eine kleinere Gruppe Puten halte, kann ich natürlich händisch Futter zuteilen, auch die Wasserversorgung kann ich händisch erledigen. Aus Erfahrung heraus würde ich aber eher dazu tendieren, auch hier in Automatisierung zu investieren. Denn füttern und Wasser bringen kann schnell zur Arbeitsfalle werden. Man unterschätzt die Arbeitszeit leicht, die dafür investiert werden muss. Bei der Wasserversorgung kommt noch ein Punkt dazu: Puten brauchen unbedingt immer absolut sauberes, ganz frisches Wasser. Wasserbehältnisse mit großer Oberfläche, wo das Wasser lang steht, sind ungeeignet.
Welche Maßnahmen im Bereich der Tiergesundheit fallen an?
Vorbeugung ist immer noch die beste Maßnahme. Bei den Puten spielen vor allem Magen-Darm-Erkrankungen eine Rolle. Abgesehen von sauberem Wasser und hygienisch einwandfreiem Futter ist vor allem ihr Wärmebedürfnis zu berücksichtigen. Üblicherweise werden in der Bio-Putenhaltung voraufgezogene Jungputen mit etwa vier Wochen eingestallt. Ich persönlich starte mit circa 23 °C Raumtemperatur und senke diese kontinuierlich auf etwa 16 bis 18 °C ab. Ich bin inzwischen eher dafür, am Beginn die Raumtemperatur 1 bis 2 °C unter dem Sollwert einzustellen und dafür zusätzlich punktuell Wärmequellen anzubieten, zum Beispiel Deckenstrahllampen oder Wärmeplatten. So können die Puten ihre Temperaturzone wählen.
Wie sieht der tägliche Arbeitsablauf aus?
Wenn Licht, Luft, Futter- und Wasserversorgung automatisiert sind, dann besteht die Arbeit primär aus zwei bis drei Kontrollgängen pro Tag. Da muss ich schauen, ob das Wasser läuft und die Tränker sauber sind, ob nachgestreut werden muss, ob es verletzte Tiere gibt. Das tägliche Kotbild zeigt auch die Darmgesundheit, daher viel schauen, fühlen und riechen. Es ist ganz wichtig, die Herde zu beobachten, ob ihr Verhalten verändert ist. Zwitschern die Tiere entspannt vor sich hin oder geben sie Klagelaute von sich, sind sie womöglich sogar ganz still. Auch sollte man ein paar Tiere herausfangen und eine Ständerkontrolle durchführen. Die Ständer müssen gut warm sein – wenn nicht, weiß man schon, dass etwas nicht stimmt.
Welche Tipps hast du für Neueinesteiger und langjährige Putenhalter?
Neueinsteigern lege ich die Ausbildung zum Bio-Geflügelpraktiker ans Herz und rate, sich eine erfahrene Vertrauensperson zu suchen, die man jederzeit um Rat fragen kann. Putenhaltern kann ich empfehlen, ihren Tieren Beschäftigungsmaterial anzubieten und die Ausläufe zu gestalten. Das wird viel zu wenig gemacht. Das kann alles sein, von Rasseln und Kunststoffketten an der Futterbahn, von Heuraufen, Futtersteinen, Sandbädern, Bäumen, Strohballen bis hin zum alten Christbaum. Die Tiere brauchen etwas zu tun, damit sie zufrieden sind. Auch erhöhte Ebenen sind toll wegen der Rangordnung. Abgedunkelte Stallungen sind ein weiterer Schlüssel für zufriedene Tiere. Keine direkte Sonneneinstrahlung im Stall und Omas alte Vorhänge, welche abnehmbar und waschbar sind, können das Federpicken verhindern und bringen zufriedenere Puten.
Autorin: Dr. Elisabeth Pöckl, BIO AUSTRIA Bundesverband