Tierwohl am Bio-Betrieb – „Oft braucht es nur eine kleine Änderung!“

Veronika Edler mit einem Rind
© BIO AUSTRIA

BIO AUSTRIA startete Anfang des Jahres mit dem Projekt Tierwohl. Über Ziele und erste Erfahrungen aus der Praxis sprachen wir mit Veronika Edler.

Was will BIO AUSTRIA mit dem Projekt erreichen?

Wir möchten unsere Mitglieder dabei unterstützen, das sie das Wohlergehen ihrer Nutztiere jederzeit fachlich richtig beurteilen können So haben wir gemeinsam mit Experten aus Praxis und Forschung den Leitfaden „Tierwohl“ entwickelt und unseren Mitgliedern zur Verfügung gestellt.

Für Biobauern sollte das Tierwohl selbstverständlich sein. Warum greift BIO AUSTRIA das Thema dennoch auf?

Jeder, der schon einmal auf einem Bauernhof gearbeitet hat, weiß, wie viel Wissen notwendig ist, um den Überblick über alle Abläufe im Stall zu behalten. Wir wissen, dass viele Betriebe alles im Griff haben, aber einige sehr wohl eine Unterstützung brauchen. Mit dem Leitfaden kann jeder Biobauer das Wohlergehen seiner Herde selbst beurteilen und sich so die Qualität seiner täglichen Arbeit bestätigen, sozusagen selbst eine interne Qualitätssicherung durchführen.

Wie sind die Reaktionen der Bauern?

Der Leitfaden „Tierwohl“ wurde Anfang Jänner jedem Bio-Betrieb in Österreich zugeschickt. Wir haben unsere Mitgliedsbetriebe gebeten, dass sie ihren Tierbestand hinsichtlich Tierwohl beurteilen und uns den Erhebungsbogen heuer zurückschicken. Wir freuen uns sehr, dass so viele Betriebe die Tierwohl-Beurteilung gemacht haben. Es zeigt, wie ernst und wichtig, dieses Thema in der Praxis genommen wird. Wir werten die Rückmeldungen momentan aus und sind dann in der Lage unser Bildungs- und Beratungsangebot noch stärker an den Bedarf in der Praxis anzupassen.
Ich habe im Zuge dessen viele Telefonate mit unseren Biobäuerinnen und Biobauern geführt. Die Reaktionen waren durchwegs positiv. Das motiviert uns natürlich, auch über die Medien zu zeigen, wie wichtig unseren Mitgliedern das Wohlergehen ihre Tiere ist. Natürlich hat es auch kritische Stimmen geben. Wir nehmen jede Anregung und Sorge sehr ernst, weil wir wissen, wie schwierig es für die Betriebe ist, immer höhere Anforderungen zu erfüllen.

Wie kann man Bauern motivieren, zusätzlich Zeit zu investieren?

Zeit ist auf einem Bauernhof immer ein kostbares Gut. Aber ich bin überzeugt, dass es jeder Biobäuerin und jedem Biobauern ein persönliches Anliegen ist, dass es ihren Tieren gut geht. Ideal ist es, wenn man die Möglichkeit hat, sich mit Kollegen auszutauschen. BIO AUSTRIA hat in der vergangenen Bildungssaison Seminare zum „Tierwohl auf Bio-Betrieben“ angeboten, die sehr gut besucht waren. Die beste Motivation ist aber, wenn man sieht, dass die investierte Zeit auch etwas bringt. Oft braucht es nur eine kleine Änderung und es stellt sich sofort eine Wirkung ein.

Was haben die Bauern davon?

Wenn ein Tier in der Herde krank ist, fällt es sofort auf und kann behandelt werden. Schwieriger wird die Einschätzung schon, wenn sich zum Beispiel kleinere Probleme ganz langsam innerhalb der Herde ausbreiten und immer gravierender werden. Genau hier setzt die Tierwohl-Beurteilung an. Eine neue Studie am Thünen-Institut für ökologischen Landbau in Trenthorst in Deutschland hat zum Beispiel gezeigt, dass Lahmheit auch auf Bio-Betrieben ein Problem ist. Ein Betrieb hatte 50 Prozent lahme Kühe im Stall.
Mit einem geschulten Blick auf Herdenebene können solche Probleme rechtzeitig erkannt und eingeschätzt werden. Jede Maßnahme zur Verbesserung des Tierwohls spart Zeit, Geld und Ärger.

Was wurde bisher gemacht und wie geht es weiter?

Das Wohlergehen der Nutztiere bleibt auch weiterhin ein wichtiges Thema bei BIO AUSTRIA. Im Herbst wird der bereits zur Tradition gewordene Bio-Fuchs Wettbewerb zum Thema Tierwohl ausgeschrieben. Alle Tierhalter, die auf ihrem Hof besonders interessante Lösungen umgesetzt haben, damit sich seine Tiere noch wohler fühlen, sind eingeladen, mitzumachen. Es gibt wertvolle Preise zu gewinnen. In einer der nächsten BIO AUSTRIA Zeitungen werden wir auch schon über die Ergebnisse der Tierwohl-Beurteilung unserer Mitgliedsbetriebe berichten. Aufgrund der großen Nachfrage und der positiven Rückmeldungen werden in den Bundesländern auch diesen Winter wieder Schulungen für mehr Tierwohl am Bio-Betrieb angeboten. Ab September wird der Leitfaden „Tierwohl Geflügel“ erscheinen, damit haben dann auch die Bio-Geflügelhalter die Möglichkeit, ihre Bestände selbst zu beurteilen. Ganz neu ist das Tierwohl-Quiz für Rinder. Damit kann jeder online testen, wie gut er bei der Beurteilung unterwegs ist.

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