Vielfalt auf dem Bio-Grünlandbetrieb: beobachten und fördern

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Alpenkammmolch, Feuersalamander und Lauchschrecke – nicht gerade die ersten Namen, wenn man an Tiere auf dem Bio-Bauernhof denkt. Nicht so bei Familie Fraiss in der Steiermark.
Auf dem Betrieb von Susanne und Karl-Heinz Fraiss findet man neben Nutztieren auch Insekten, Amphibien, Vögel, Kleintiere und viele verschiedene Pflanzenarten.
Seit 26 Jahren wird nach den Bio-Richtlinien gewirtschaftet. Die Mutterkuhhaltung ist im typischen Grünlandgebiet im Mürztal sehr verbreitet. Eine Überlegung, diese zu intensivieren stand im Raum, wurde jedoch nach Kalkulation der Kosten für den Stallumbau nicht weiterverfolgt. „Es muss auch anders gehen!“, ist Karl-Heinz überzeugt, „einer zusätzlichen Erwerbsarbeit nachzugehen, ist ohnehin notwendig, warum also nicht gleich extensiv wirtschaften und dafür der Natur was Gutes tun!“
Die zwölf Mutterkühe mit Jungtieren möchte er auf etwa sechs bis sieben Muttertiere reduzieren, die Grünlandflächen jeweils nach der Blüte nicht öfter als zweimal pro Jahr mähen. „Die reduzierte Schnittnutzung wirkt sich enorm auf die Anzahl an Insekten aus!“, erläutert der Biobauer. Dies konnte er bereits in den letzten Jahren beobachten, besonders heuer da aufgrund der trockenen Witterung nur einmal gemäht wurde.

Steinhaufen bieten Schutz

Karl-Heinz Fraiss möchte einen Gegensatz zum intensiv bewirtschafteten Grünland schaffen, in dem nur mehr sehr wenige Pflanzenarten und kaum Insekten zu finden sind. Er schafft gezielt Lebensräume für verschiedenste Arten. Momentan ist er dabei, einen weiteren Steinhaufen aufzuschichten. Dazu wird eine Grube vom Bagger ausgehoben und dem Gelände angepasst, damit das Regenwasser abfließen kann sowie die Tiere frostfrei überwintern können. Diese Grube von etwa zwei Metern Tiefe wird mit Steinen in unterschiedlicher Größe aufgefüllt. Zwischen den Steinen entstehen Hohlräume, die Amphibien und Kleintieren eine passende Überwinterungsmöglichkeit bieten.

Besonders freut sich der Biobauer über die Anwesenheit eines seltenen Gastes: Der Alpen-Kammmolch hat sich in seinem Biotop angesiedelt. Diese Art der Schwanzlurche gilt in Österreich als vom Aussterben gefährdet. Neun Teiche wurden im Laufe der Jahre auf den Flächen des Betriebes angelegt, was die Amphibien zu schätzen wissen. Auch der Feuersalamander ist ein gern gesehener Genosse auf dem vielfältig strukturierten Bio-Betrieb.

Beliebte Nistkästen

Nistkästen für verschiedenste Vogelarten werden von Karl-Heinz Fraiss selbst gebaut. An vielen Bäumen findet man die kleinen Holzkästen mit Blechdach hängen. Momentan ist er gespannt, ob sich der Wiedehopf im kommenden Frühjahr ansiedeln wird. Auch Sträucher wie Schlehdorn, Weißdorn oder Hagebutten dienen den Vögeln als Schutz und Nahrung, sie sind auch sehr wichtig für den Neuntöter, der dort jeden Sommer brütet.
Besondere Gäste sind acht Leih-Esel, die über den Sommer eine besondere Aufgabe am Betrieb haben. Eine verwachsene, lange nicht mehr bestoßene, steile Weidefläche soll wieder aktiviert werden. Durch den sorgfältigen Verbiss schaffen es die Esel hervorragend, Sträucher und Gebüsch hintanzuhalten, damit sich wieder eine Grasfläche etablieren kann. Im Winter wandern die Esel zurück auf den befreundeten Betrieb.
Streuobstwiesen sind auch Teil des Biodiversitäts-Konzeptes, wobei nur alte österreichische Obstsorten gepflanzt werden. Auf der Fläche unter den Bäumen kann sich die Feuchtigkeit besser im Boden halten, was vor allen während Trockenperioden vorteilhaft ist. Das Obst dieser Bäume wird als Pressobst für die Saftproduktion genutzt. Für die Selbstversorgung mit Saft wurden auch 200 Weinstöcke gepflanzt – eine Seltenheit in diesem Gebiet.

Totholz und Randstreifen

Doch nicht nur die landwirtschaftlichen Flächen haben ihre Funktion, auch der Wald erfüllt wichtige Aufgaben als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. So werden einzelne tote Bäume und Spechtbäume gezielt stehen gelassen, um während des Winters einen Rückzugsraum zu bieten. Diese Funktion erfüllen auch Raine und einige Meter breite Randstreifen an den Wiesen, die nicht gemäht werden. „Das wird von den Berufskollegen oft nicht verstanden. Man gilt dann gleich als „gschlampert“, aber ich weiß, dass ich damit speziellen Lebensraum schaffe!“, so der überzeugte Biobauer.

Ein nächstes Ziel ist die insektenschonende Mahd mit dem Doppelmesser-Mähwerk und Kammschwader. Da diese Technik in der Anschaffung äußerst kostspielig ist, hofft er noch auf die Unterstützung und Begleitung des Vorhabens in einem Förderprojekt.

Autorin: Isabella Hiebaum MSc., Bio Ernte Steiermark