Wassermangel im Grünland

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Die klimatischen Veränderungen haben teils dramatische Auswirkungen auf die Grünlandbestände. Viele Fragen sich: Wird das zur Regel und wie soll ich damit umgehen? Peter Frühwirth hat versucht, darauf Antworten zu finden.
In der für das Grünland entscheidenden Vegetationsperiode von April bis September steigen die durchschnittlichen Tagestemperaturen und die Niederschläge nehmen kontinuierlich ab. Die Kombination von sinkenden Niederschlägen, steigenden Tagesmitteltemperaturen sowie die Zunahme der Zahl der Hitzetage über 30°C ist ein hoch problematischer Mix für die Stabilität der Pflanzenbestände, für die Ertragssicherheit und vor allem für die Ertragsfähigkeit des Wirtschaftsgrünlandes. Zusätzlich nimmt die Gleichmäßigkeit der Niederschlagsverteilung während der Vegetationsperiode ab. Niederschlag fällt zunehmend konzentriert als Starkregen.

Komplexes System

Unser Grünland ist ein hochkomplexes System mit vielfältigen Wechselwirkungen, das viele kurzfristige Veränderungen abpuffern kann. Es ist ein träges System. Das kann durchaus positiv sein. Wenn sich jedoch negative Umweltfaktoren und deren Auswirkungen wie sinkende Niederschläge und steigende Temperaturen langsam über viele Jahre aufbauen und durch eine suboptimale Bewirtschaftung verstärkt werden, dann kann die Grenze der Leistungs- und Anpassungsfähigkeit sehr rasch und für viele Betriebsleiter überraschend erreicht und überschritten werden.

Natürlich darf man diese Lage nicht verallgemeinern. Es gibt sehr wohl viele Grünlandbetriebe, die mit jahrelanger optimaler Bewirtschaftung und gegebenenfalls über eine abgestufte Grünlandwirtschaft die Nährstoffrückführung auf die ertragsrelevanten Flächen abgesichert haben, heute über „gutes“ Wirtschaftsgrünland verfügen. In Jahren wie 2015 und 2018 zwar mit weniger Ertrag, aber doch grün und mit Leistungsreserven, die voll zur Geltung kommen können, wenn zum nächsten Aufwuchs wieder Niederschläge kommen. Unabhängig, ob das Grünland nun konventionell oder biologisch geführt wird.
Für Betriebe, die das in den letzten 15 Jahren verabsäumt haben, wird es sehr schwierig werden, das „Schiff Grünland“ wieder auf Ertrags- und Qualitätskurs zu bringen.

Mit Nährstoffen versorgen

Im Wirtschaftsgrünland arbeiten wir vor allem mit einem starken und vitalen „Gräsergerüst“, in Kombination mit Klee (vor allem Weißklee) und Kräutern. Bei Letzteren sollten es sogenannte „gute“ Kräuter in untergeordneten Anteilen sein. Sie haben eine oft unterschätzte Wirkung auf Schmackhaftigkeit, Wohlbefinden und Gesundheit, sowie Versorgung mit Mineralstoffkomplexen, die so von den Gräsern nicht geliefert werden können. Dazu gehören zum Beispiel Löwenzahn, Spitzwegerich, Bärenklau, Wiesenkerbel und auch junge Schafgarbe.
Bei der Stickstoffversorgung ist mit 40 bis 50 kg N pro Hektar und Schnitt (die Vorgaben der Nitrat-Aktionsprogramm-Verordnung 2018 sind zu beachten) im Durchschnitt der Aufwüchse als Orientierung zu rechnen, vor allem um dauerhaft einen konkurrenzstarken Bestand an hochwertigen Futtergrasarten zu erhalten. Für BIO AUSTRIABetriebe ist die gesamtbetriebliche Obergrenze von 170 kg N pro Hektar und Jahr, den hofeigenen Dünger mit eingeschlossen, einzuhalten. Die Obergrenze von 210 kg N pro Hektar ist einzuhalten, was letztlichDas bedeutet, dass bei fünf oder mehr Aufwüchsen es auch Flächen mit weniger Schnitten und geringerer Nährstoffversorgung geben muss.
Betriebe, die eine entzugsorientierte Stickstoffversorgung nicht schaffen, müssten konsequenterweise die Zahl der Schnitte an ihre verfügbaren Stickstoffmengen anpassen, das heißt reduzieren. Dass damit wahrscheinlich die Qualität der Inhaltsstoffe abnimmt und unter Umständen nicht mehr für die im Stall stehende mögliche Milchleistung ausreicht, ist ebenso logisch. Nur ist mit aller Deutlichkeit zu sagen: Wenn die Grünland-Produktionsbedingungen optimal sind, dann wird man auch mit einer Stickstoffunterversorgung so einigermaßen über die Runden kommen. Dann eben mit deutlich mehr Klee und Kräutern in den Beständen. Wenn das Grünland jedoch mit mehreren Stressfaktoren wie Trockenheit, Hitze, Schädlinge konfrontiert ist und das auch noch auf längere Zeit, dann bekommt man unweigerlich ernsthafte Probleme mit der Zusammensetzung des Pflanzenbestandes bis hin zum endgültigen Absterben des Grünlandes.

Artenspektrum anpassen

Um Standraum für hochwertigere und auch besser angepasste Arten zu schaffen, muss die Gemeine Rispe mit dem Starkzinkenstriegel entfernt werden. Knaulgras und Rotklee haben nach den Erfahrungen der letzten Jahre eine gute Trockentoleranz. Sie lassen sich im Zuge der Sanierung gut in einem bestehenden Grünlandbestand etablieren. Mit Knaulgras-Rotklee-Mischungen wurden im 5-Schnitt-Grünland erste, sehr gute Erfahrungen gemacht. Das optimale Mischungsverhältnis liegt bei 70 % Knaulgras und 30 % Rotklee. Dies gilt besonders für jene Betriebe, die bisher schon regelmäßig mit Nachsaat gearbeitet haben und einen hohen Anteil an Englischem Raygras oder Bastardraygras in den Beständen haben.
Bei den Leguminosen hat neben dem Rotklee insbesondere der Hornklee mit seinem tiefreichenden Wurzelsystem eine Zukunftschance. Abzuklären wird sein, inwieweit er bei 4- und 5-Schnittnutzung in Beständen etabliert werden kann.
Weitere, bisher eher weniger eingesetzte Arten vom Typ „Festulolium“ werden derzeit an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein geprüft. Es handelt sich um Kreuzungen von Raygras mit Wiesenschwingel oder Rohrschwingel. Von der tieferen und dichteren Wurzelausbildung erwartet man sich eine bessere Trockentoleranz. Geprüft werden unter anderem Ertragsbildung und Schnittverträglichkeit, Dominanzverhalten im Bestand, Verdaulichkeit und Krankheitstoleranz.
Jedenfalls muss künftig der Sanierung und vor allem der nachfolgenden konsequenten periodischen Nachsaat deutlich mehr Augenmerk geschenkt werden.

Viehbestand angleichen

Der Viehbestand muss an die mittlere Ertragsfähigkeit der Grünlandflächen angepasst werden. Gute Grünlandjahre, also solche mit ausreichenden und konstanten Niederschlägen, verleiten nur allzu leicht, sich etwas mehr Tiere zu behalten. Besonders, wenn mehrere gute Jahre aufeinander folgen. In Anbetracht der langfristigen Niederschlagsentwicklung wird die „Grundfutterproduktion auf Vorsorge“ immer wichtiger. Vorsorge kann heißen, die Menge eines dritten Schnittes soll als Reserve vorhanden sein. Fällt in einer Vegetationsperiode ein Teil des Gesamtaufwuchses aus, hat man die Chance, die Situation entspannter zu bewältigen und braucht sich nicht mit schlechten Qualitäten zu unverschämten Preisen herumzuschlagen.

Futterproduktion auslagern

Die Grundfutterproduktion kann über eine vertraglich gestaltete Kooperation mit Ackerbaubetrieben teilweise ausgelagert werden. So kann der Druck von den eigenen Futterflächen genommen werden. Der Maschinenring Oberösterreich hat dazu das Vertragsmodell „Grundfutterabsicherung“ entwickelt.

Schnitthäufigkeit reduzieren

Wir müssen künftig verstärkt auf die Ertragsfähigkeit der Flächen achten. Das betrifft vor allem Grünlandflächen auf leichten sandigen oder steinigen Böden, womöglich auch noch südlich ausgerichtet mit langer Sonneneinstrahlung. Besonders in den Engerling-Regionen sind solche Flächen stark gefährdet.
Ein erster Schritt wäre eine individuelle Schnittentscheidung für solche extremeren Flächen, wenn es trocken ist oder wird. Diese nicht oder eben später mähen und nicht immer über alle Flächen gleich oft drüberfahren. Die Umsetzung in der Praxis ist zugebenermaßen nicht so leicht, aber es geht darum, den dortigen Pflanzenbestand zu unterstützen und in gewisser Weise auch zu schonen. Das kann letztlich auch bedeuten, auf solchen zur Trockenheit neigenden Flächen überhaupt die Schnitthäufigkeit je nach Höhenlage auf drei oder zwei Schnitte zu reduzieren. Dann haben auch Arten wie Wiesenschwingel, Glatthafer, Rotklee und Hornklee mehr Chancen.

Schnitthöhe und Messerschärfe

Scharfe Mähmesser sind der Kern einer sorgsamen und pfleglichen Grünlandwirtschaft. Je öfter gemäht wird, desto wichtiger ist die Messerschärfe. In ihrer Wirkung auf die Gräser sind Messerschärfe und Schnitthöhe als Einheit zu sehen. Gut geführtes Grünland braucht eine Schnitthöhe von durchschnittlich 8 cm.

Weiter denken

Nicht alle Betriebe werden diese Maßnahmen in gleicher Weise umsetzen können. Im Grunde genommen geht es um eine Betriebsentwicklung. Dazu zählen auch der Abschluss einer Dürre-Index-Versicherung, um über die ärgsten finanziellen Belastungen hinwegzukommen und das Wasser-Management auf dem Betrieb. Das heißt eine konsequente Erfassung des Regenwassers von den meist riesigen Dachflächen. Auch in Trockenperioden kommen über Starkregenereignisse durchaus beträchtliche Mengen zusammen. Sie dürfen künftig einfach nicht „ins Leere“ laufen.
Aber auch ungewöhnliche Ideen wie die Entlastung der eigenen Futterflächen durch Auslagerung der Jungviehaufzucht zählen dazu. Entweder durch längerfristig gestaltete Abgabe des Jungviehs an Partnerbetriebe in der Region oder Zusammenarbeit mit gut wirtschaftenden Almbetrieben, die über den Sommer das Jungvieh auf den Almen betreuen.

Klar ist: Wassermangel im Grünland wird zu einem Thema, das die Bewirtschaftung und die Betriebsorganisation prägen wird. Es wird viele Wege geben für eine erfolgreiche Grünlandwirtschaft, auch unter sich ändernden klimatischen Rahmenbedingungen. Je früher, intensiver und optimistischer man sich selbst damit auseinandersetzt, desto erfolgreicher wird man sein.

Autor: DI Peter Frühwirth, LK Oberösterreich