Wurzelunkräuter: Was sagt uns die Ackerdistel?
Die Ackerdistel weist auf Bewirtschaftungsfehler hin. Eine Regulierung muss über den Entzug von Wasser, Licht und Nährstoffen erfolgen.
Die Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense) oder kurz Ackerdistel blüht rosa oder lilarosa, bevorzugt tiefgründige Böden und ist ausdauernd. Die Vermehrung und Verbreitung erfolgt meist über Wurzelteilstücke. Selbst kleine Stücke können mit den Bodenbearbeitungsgeräten leicht verbracht werden und dort wieder neu austreiben. Eine Vermehrung über Samen ist zwar möglich, ist aber aufgrund der Empfindlichkeit der Keimpflanzen in der landwirtschaftlichen Praxis selten.
Fehler in der Bewirtschaftung
Die Ackerdistel hat einen hohen Nährstoff- und Wasserbedarf und nutzt die maximal durchwurzelbare Bodentiefe eines Standortes, oft bis in eine Tiefe von 3 Meter. Üppiges Distelwachstum weist auf fünf mögliche bewirtschaftungsbedingte Ursachen hin.
Anbau und Flachwurzler
Nicht perfekt angebaute Kulturpflanzen wurzeln weniger tief und können daher die Nährstoff- und Wasservorräte im Unterboden nur mehr zum Teil nutzen und fördern somit die Ackerdistel.
Ein zu geringer Anteil an tiefwurzelnden Arten in der Fruchtfolge begünstigt die Ackerdistel. Flachwurzelnde Kulturarten wie Ölkürbis oder einjährige Druschgewürze fördern sie.
Bodenschäden
Bodenschäden durch zum falschen Zeitpunkt durchgeführte und zu intensive Bodenbearbeitung, zu schwere Erntemaschinen und Verschlechterung der Bodenstruktur infolge Verringerung der Humusmenge und -qualität. Da die Ackerdistel ihre Wurzeln auch bei Mangel an Luft im Boden gut mit Sauerstoff versorgen kann, erträgt sie eine Verschlechterung der Bodenstruktur besser als die empfindlicheren Kulturpflanzen und profitiert somit indirekt durch deren geringere Konkurrenz.
Zu viel Stickstoff und Wasser
Eine zu hohe Verfügbarkeit von Stickstoff durch zu hohe oder zum falschen Zeitpunkt ausgebrachte Dünger, zu früh umgebrochene Zwischenfrüchte oder zu intensive Bodenbearbeitung können bei Verlagerung dieser Nitratmengen in den Unterboden durch Niederschlag oder Beregnungswasser zu einer richtigen „Kopf“-Düngung für die Ackerdistel führen.
Eine regelmäßige Probennahme und Untersuchung der Nitratkonzentration in den Bodenschichten 0 bis 30, 30 bis 60 und 60 bis 90 cm Tiefe hilft solche umweltschädlichen und teuren Bewirtschaftungsfehler zu erkennen und zu vermeiden. Die Methode ist billig und kann gleich am Feld selbst durchgeführt werden (siehe Kasten). Die Verrottungsgeschwindigkeit der ober- und unterirdischen Biomasse von Begrünungspflanzenarten hängt stark von derem C/N-Verhältnis ab. Somit kann die Freisetzung der in der Biomasse gespeicherten Nährstoffe abgeschätzt werden.
Eine hohe Verfügbarkeit von Stickstoff und Wasser im Unterboden kann aber zum Teil auch eine natürliche Ursache haben. Immer öfter fehlt in niederschlagsarmen Gebieten Österreichs die Winterfeuchte. Wenn dann nach längeren trockenen Perioden oder Jahren wieder einmal eine Versickerung von Wasser in den Unterboden bis unter 1 m Tiefe erfolgt, werden durch die Wiederbefeuchtung des ausgetrockneten Bodens Nährstoffe freigesetzt und mit dem Sickerwasser auch in tiefere Bodenschichten verlagert. Die Ackerdistel zeigt dies dann mit besonders üppigem Wachstum an.
Lückige Bestände
Die Ackerdistel benötigt sehr viel Licht zum Aufbau ihres energiereichen Reservestoffes Inulin, den sie in ihrem Wurzelsystem einspeichert. Von der Konzentration der Reservestoffe hängt es ab, ob die Distel im Folgejahr mit großer Konkurrenzkraft oder geschwächt den Kulturpflanzen gegenübertritt.
Lückige Bestände von Kulturpflanzen und besonders auch lückige Zwischenfrüchte fördern die Reservestoffeinlagerung in den Distelwurzeln. Untersuchungen der Reservestoffgehalte in den Wurzeln der Ackerdistel während einer Vegetationsperiode haben gezeigt, dass deren Einlagerung besonders im Sommer ab der Getreideernte bis zum Winteranfang erfolgt. In diesem entscheidenden Zeitraum sollte der Distel der Zugang zu Licht verwehrt werden. Idealerweise durch konkurrenzstarke hochwachsende Zwischenfruchtbestände. Dies kann bei ausreichender Bodenfeuchte durch raschen Anbau der Zwischenfruchtmischung nach der Ernte erfolgen, wenn diese „hochtreibende“ Arten wie zum Beispiel Ackerbohne oder Sonnenblume enthält.
Bei sehr trockenem Boden hat der sofortige Anbau von Zwischenfrüchten keinen Sinn, da die Bedingungen für einen schnellen und dichten Feldaufgang der Begrünung nicht gegeben sind. Oft leiden die Keimpflanzen unter den hohen Bodentemperaturen und können nicht schnell genug in den Unterboden wurzeln. Lückige Bestände und das Ausfallen einzelner empfindlicher Zwischenfruchtarten sind dann die Folge.
Fehlt ausreichende Feuchtigkeit für einen guten Feldaufgang und ein zügiges Wachstum der Begrünungspflanzen, ist es besser, mit dem Anbau zu warten, bis zumindest 15 cm Boden wieder ausreichend befeuchtet wurden. Dann können in der Zwischenzeit durch extrem seichte vollflächige Bodenbearbeitung die Blattrosetten der Distel zerstört und somit die Einlagerung von Reservestoffen verhindert werden. Dies ist jeweils vor dem Erreichen eines 4- bis 5-Blattstadiums notwendig. Ein möglichst seichtes Abschneiden der Disteltriebe ist einerseits notwendig, um ein Wiederanwachsen der abgeschnittenen Pflanzenteile zu verhindern und andererseits muss jede Mobilisierung von Stickstoff durch unnötige Bodenbearbeitungsintensität vermieden werden. Bei einer zu hohen Freisetzung von Nitratstickstoff könnte gerade die Ackerdistel durch die Verlagerung des Stickstoffes in den Unterboden im folgenden Winter wieder gefördert werden.
Die Vermeidung dieser fünf Hauptursachen führt zu einer kostengünstigen und nachhaltigen Regulierung der Ackerdistel über den Entzug von Licht, Wasser und/oder Nährstoffen durch Kulturpflanzen.
Die Ackerdistel weist mit einem besonders üppigen Wachstum auf Bewirtschaftungsfehler hin, die ohne Distel oftmals gar nicht bemerkt werden.
Sie hilft daher auch, die Ressourcen Wasser, Nährstoffe und Sonnenlicht besser zu nutzen.
Autor:
Dr. Wilfried Hartl, Bio Forschung Austria