Landwirtschaft mit Mehrwert – Konsumenten ins Boot holen

Junge mit einem Bund Karotten in der Hand
© Stefanie Reisenberger

Der direkte Kontakt zum Konsumenten bietet die Chance, ein Bild von bäuerlicher Landwirtschaft zu vermitteln. Beide Seiten können davon profitieren.

Bäuerliche Landwirtschaft ist ein oft strapaziertes Schlagwort. Ähnlich wie der Begriff der „Regionalität“ beruht dessen große Beliebtheit im Wesentlichen auf zwei Faktoren.
Erstens werden der „bäuerlichen Landwirtschaft“ wohl von allen Seiten ausnahmslos positive Eigenschaften zugeschrieben. Zweitens ist der Begriff nicht fest definiert, und kann somit von jeder Person für eigene Interpretationen verwendet werden.

Mehrwert als Basis

Allen Definitionen gemeinsam ist, dass ein Mehrwert vermittelt werden soll. Bäuerliche Landwirtschaft besticht durch ökonomische, ökologische, soziale und kulturelle Multifunktionalität. Denn so wie Lebensmittel mehr sind als x-beliebige Waren, so steht Landwirtschaft auch für mehr als x-beliebige Arbeitsplätze. Bauernhöfe dienen nicht nur als Betriebsstandorte, sondern sind auch Lebensraum für Mensch und Tier, und Bäuerinnen und Bauern prägen durch ihr Tun meist nicht nur die umliegende Kulturlandschaft, sondern auch das soziale Leben im Dorf.
Eine konkrete Definition von bäuerlicher Landwirtschaft lässt sich daraus nicht ableiten. Eventuell geht es auch einfach nur um die Grundeinstellung, Landwirtschaft nicht nur auf eine unternehmerische Sichtweise zu beschränken.
Das politische Konzept von Ernährungssouveränität gibt dies am deutlichsten wieder, denn dort heißt es: „Ernährungssouveränität stellt die Menschen, die Lebensmittel erzeugen, verteilen und konsumieren, ins Zentrum der Nahrungsmittelsysteme, nicht die Interessen der Märkte und der transnationalen Konzerne.“
Unterschieden werden soll auch das oft analog verwendete Schlagwort „Bäuerlicher Familienbetrieb“. Zwar weist auch dieser Begriff auf eine soziale Komponente in der Landwirtschaft hin. Allerdings zeigen immer mehr Quereinsteiger, dass man auch abseits der traditionellen, oft mehrere Generationen umfassenden Großfamilie „bäuerlich“ sein kann.

Rolle der Konsumenten

Viele Konsumenten beschäftigen sich heute damit, wo und wie ihr Essen produziert wird und versuchen bewusst einzukaufen. Die Fülle an Information und Vielzahl an Gütesiegeln kann hierbei neben Aufklärung aber auch Verunsicherung bewirken.
Immer mehr Menschen suchen daher den direkten Kontakt zu den Bäuerinnen und Bauern. Dadurch ergeben sich für die Betriebe nicht nur wirtschaftliche Chancen in der Direktvermarktung. Das persönliche Gespräch bietet auch die Möglichkeit, ein Bild von bäuerlicher Landwirtschaft aus erster Hand zu vermitteln. Denn wer könnte besser wissen, was bäuerlich bedeutet als die Bäuerinnen und Bauern selbst?
In diesem Sinne sind alle Produzenten aufgerufen, die Darstellung von bäuerlicher Landwirtschaft selbst mitzuprägen. Geduld und Toleranz gegenüber nicht vorhandenem Wissen oder unrealistischen Erwartungen sind hierbei sicherlich gefragt. Doch der Aufwand lohnt sich, den Konsumenten danken es in der Regel mit Vertrauen und Anerkennung. Oft werden sie zu treuen und dankbaren Kundschaften, nicht nur wegen der Qualität der Produkte, sondern auch als Ausdruck der Wertschätzung für die bäuerliche Arbeit.

Foodcoop und CSA

Mehr direkter Kontakt zur Landwirtschaft ist auch das erklärte Ziel neuer Konsumenten-Initiativen wie Foodcoops und CSA (Community supported Agriculture). Zu Grunde liegt diesen Konzepten das Bewusstsein, dass der bloße Wunsch nach dem Erhalt bäuerlicher Landwirtschaft nicht ausreicht. Stattdessen engagieren sich Konsumenten als aktive Mitglieder in Projekten und übernehmen so einen Teil der Verantwortung für die Beibehaltung bäuerlicher Landwirtschaft.

Bei Foodcoops oder Bestellgemeinschaften steht nicht der individuelle Konsum, sondern die gemeinsame Auseinandersetzung mit dem Thema „Lebensmittel“ im Vordergrund. Im Sinne von Ernährungssouveränität sollen mit den umliegenden Bauernhöfen dauerhafte und widerstandsfähige, soziale Netzwerke geknüpft werden, die über bloße Geschäftsbeziehungen hinaus reichen.
Die intensivste Bindung gehen Konsumenten und Produzenten mit dem CSA-Konzept ein, bei dem sich eine Gruppe von Konsumenten verbindlich Kosten und Ernte eines Bauernhofs untereinander aufteilt. In Frankreich, einem Vorreiterland dieser Bewegung, erkennt man ein wesentliches Motiv dafür schon am Namen: AMAP steht für „Verbrauchervereinigung für die Beibehaltung der bäuerlichen Landwirtschaft“.
Ein Beispiel für dieses Konzept in Österreich ist der Bio-Betrieb von Stefanie Reisenberger aus Manning. Der frühere Milchviehbetrieb wurde 2012 auf die biologische Wirtschaftsweise umgestellt. Der Betrieb ist klein strukturiert und besonders vielfältig. Der Schwerpunkt liegt auf dem Anbau von Bio-Gemüse nach dem Konzept von CSA (siehe Beschreibung).

Beschreibung: Die Gemüseproduktion nach dem CSA-Konzept macht es möglich, meine kleine Landwirtschaft wirtschaftlich zu führen. Die fixe Anzahl an Teilnehmern über eine ganze Saison ermöglicht eine gute finanzielle Planung im Voraus für diese Saison. Abgesehen von den wirtschaftlichen Aspekten ermöglicht mir dieses Konzept auch, neue Gemüsesorten ausprobieren, experimentieren und mich auf den Anbau hochwertiger, biologischer Lebensmittel konzentrieren zu können. Wichtige Aspekte bäuerlicher Landwirtschaft sind für mich Nachhaltigkeit, im Kreislauf wirtschaften, Bodenfruchtbarkeit, handwerkliche Produktion – Handarbeit vom Samen bis zur reifen Frucht sowie der sorgsame Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen.

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