Wie sich Biodiversität am Betrieb entwickeln kann

© Danner/BIO AUSTRIA

Kein Grünlandbetrieb gleicht dem anderen. Wie „biodivers“ sich ein Betrieb zeigt, hängt neben den natürlichen Gegebenheiten sehr stark von den Betriebsleitern ab. BIO AUSTRIA Berater Markus Danner schildert seine Erfahrungen.

Von Kindheitserinnerungen und der Bildungsbiographie bis zu spontanen Erkenntnissen beeinflusst vieles die Art, wie ein Grünlandbetrieb bewirtschaftet wird.

Die Anknüpfungspunkte in der Beratung sollten daher auf die jeweilige Situation und Motive am Betrieb Rücksicht nehmen. Auch bei Ulrike Gangl, mit ihrer Familie Bewirtschafterin des Kollmannbauern in Lamprechtshausen in Salzburg, beginnt die Auseinandersetzung mit der Thematik ganz pragmatisch. Sie wendet sich an mich mit der Klage, ihre Wiesen würden verhungern, das Futter werde jedenfalls laufend weniger. Relativ rasch wird klar: Viehbesatz, Düngermenge, Düngerqualität und Schnittfrequenz passen nicht zusammen.

Bei einer Analyse der bewirtschafteten Flächen, deren Bonität und den zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln wurden die Lücken im Nährstofffluss rasch aufgedeckt. Wie auf vielen anderen Betrieben auch, konnten diese nur durch eine differenzierte Nutzung annähernd geschlossen werden.

Den Anstoß geben

„Wir wären von selbst nicht auf die richtige Spur gekommen“, erzählt Ulrike, „der Anstoß von außen war wichtig.“ Alles Weitere entwickelt sich eigentlich von selbst. Bauer Franz denkt beim Melken darüber nach, dass schon etwas dran ist, wenn der Berater die Menge der Wassereinleitung in die Gülle in Frage stellt, die tagelanges Güllefahren nur aufgrund der hohen Wasserzugabe bedingt. Seither ist die Konzentration der Gülle wieder etwas höher. Das spart Zeit, Diesel, Reifen und Überfahrten. 

Die Identifikation jener Teilstücke mit geringerer Bonität und die folgende Düngungsreduktion spielt Dünger für die guten Futterflächen frei. Und dadurch ist das Entstehen von Biodiversitätsflächen auf dem Betrieb bereits im Gange ebenso wie die Verbesserung der Bestände auf den Intensivwiesen.

An zwei Standorten wurden Blühstreifen aktiv angelegt, ein Projekt von der Landwirtschaftskammer und dem Land Salzburg erleichterten diese Maßnahme. Ein vormals planierter, recht unwüchsiger Schlag wird in eine zweimähdige Wiese, die keine Gülle mehr erhält, umgestellt. Auf hängigen Flächen werden Wald- und Heckenraine nicht mehr scharf an die Grenze gegüllt und bei der ersten Mahd stehengelassen.

„Als Bio-Betrieb muss ich mich schon einbringen, um etwas gegen den Artenschwund zu tun“, meint Ulrike und zeigt Freude über den Umstand, dass auf gewissen Flächen jetzt „richtig was los ist“. Neben Insekten-Allerlei finden auch Honigbienen auf dem Betrieb Lebensgrundlagen vor.

Aktiv entwickeln

Ist das Interesse erst geweckt, geht die Reise meistens weiter. Auch beim Kollmannbauer sind inzwischen junge Obstbäume gepflanzt, es sollen nicht die letzten gewesen sein. Die Bäuerin sinniert über sonstige Strukturen nach, wie etwa Steinhaufen oder Ähnliches. Weitere Entwicklungsschritte sind jedenfalls geplant. Auch familiär. Nicht zuletzt muss in der Familie ein Konsens über das Erscheinungsbild des Betriebes und die Art seiner Bewirtschaftung herrschen. Für den frisch maturierten Jungbauern scheinen derzeit die intensiver bewirtschafteten, hochleistenden Flächen attraktiv und im Zentrum des Interesses. Das ist in Ordnung, wenn er sich derer annimmt, sie sind von höchster Wichtigkeit für den Milchwirtschaftsbetrieb!

Nebenbei kann die Freude an dem wachsen, was der Betrieb sonst noch bietet, und derzeit vielleicht eher der Elterngeneration am Herzen liegt. Dieses Nebeneinander und sich gegenseitig Platz lassen kann auch ein Lerneffekt und ein Beitrag zur „Biodiversität“ in der Bauernfamilie sein.

Die Geschichte ist sicher noch lange nicht fertig erzählt. Ein Entwicklungsprozess ist im Gange, der den Betrieb einerseits in seiner Wirtschaftlichkeit stärken soll und ihn gleichzeitig durch die Vernetzung seiner Strukturen nach innen und nach außen ökologisch attraktiver und wertvoller macht. 

 Autor: Ing. Markus Danner, BIO AUSTRIA Salzburg